Studie

Bildungsstätte Anne Frank: NS-Geschichte wird im Netz zum Spiel

Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank Foto: picture alliance/dpa

In digitalen Medien wird nach Untersuchungen der in Frankfurt ansässigen Bildungsstätte Anne Frank die Geschichte des Nationalsozialismus (NS) umgedeutet, verfälscht und zum Spiel gemacht. In den digitalen Lebensräumen junger Menschen bildeten sich immer stärker Parallelwelten aus, sagte die Direktorin Deborah Schnabel am Dienstag in Frankfurt am Main. Die Konstruktionen von Geschichtsbildern im Netz würden von den Bildungsinstitutionen viel zu wenig aufgegriffen. Die Feinde der Demokratie machten sich dies zunutze.

Die NS-Geschichte erfreue sich in Social Media großer Beliebtheit. Eine offene Leugnung des Holocausts werde zwar in der Regel von den Plattformen gelöscht, sagte die Mitherausgeberin des Digital-Reports »Der Holocaust als Meme«, Eva Berendsen. Aber diese werde auf vielfältige Weise umgangen. So werde etwa auf TikTok und Instagram die Zahl der ermordeten sechs Millionen Juden bestritten, etwa mit der »271k«-Verschwörungserzählung, die behauptet, es seien nur 271.000 Juden getötet worden. Oder das Tagebuch der Anne Frank werde als Fälschung bezeichnet, weil es angeblich mit Kugelschreiber geschrieben sei, was nicht stimmt.

Der Holocaust verkomme zu einem »Karneval im Netz«

Der Holocaust verkomme zu einem »Karneval im Netz«, wenn ein Influencer sich als DJ vor dem Bild einer Gaskammer zeige oder Jugendliche sich in einer Challenge wie Holocaust-Opfer schminkten und fotografierten, hieß es weiter. Auch Künstliche Intelligenz erstelle Inhalte zum NS im Netz, etwa Bilderfolgen und Animationen, berichtete der Mitautor des Reports, Leo Fischer. Dabei würden falsche Darstellungen und antisemitische Klischees verbreitet.

So gebe es Animationen einer sprechenden Anne Frank, die ihr Leben ohne geschichtlichen Kontext, dafür mit historischen Fehlern romantisieren. Ziel sei offenbar, viele Klicks zu erzeugen. Videos zeigten einen sprechenden Josef Mengele, die den SS-Arzt als geläuterte Figur darstellten und eine Täter-Opfer-Umkehr erzeugten. Ein Computerspiel zum Zweiten Weltkrieg, in dem der Holocaust nicht vorkomme, sei auf einer Plattform acht Millionen Mal verkauft worden.

Bildungsarbeit müsse die digitalen Welten mitgestalten, forderte Direktorin Schnabel. Dafür müssten umfangreiche Mittel investiert werden. Die Betreiber von Social Media sollten stärker in die Verantwortung genommen werden. Schließlich müsse eine »kritische mediale Öffentlichkeit« eine »Wächterfunktion« über Inhalte in sozialen Medien wahrnehmen. epd

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  06.05.2025

8. Mai

Deutschland braucht noch Zeit

Auch 80 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft sind entscheidende Fragen umstritten: Wer wurde befreit, von wem genau, und was folgt daraus? Ein Gesprächsangebot

von Igor Matviyets  06.05.2025

Essay

Bitburg 1985: Plötzlich waren wieder die Juden schuld

Maram Stern über eine Zeit, als in Deutschland schon einmal versucht wurde, einen Schlussstrich zu ziehen

von Maram Stern  06.05.2025

Kanzlerwahl

So reagiert das Ausland auf die Wahl-Niederlage von Friedrich Merz

Die Niederlage von Friedrich Merz im ersten Wahlgang überrascht auch die internationalen Medien.

 06.05.2025

Presseschau

»Drama beGermania«: Wie israelische Medien auf die Kanzlerwahl blicken

Auch in Israel wird der Krimi um die im ersten Gang gescheiterte Wahl von Friedrich Merz mit Interesse verfolgt. Ein Überblick

 06.05.2025

Berlin

Friedrich Merz ist Bundeskanzler

Nach der historisch einmaligen Niederlage im ersten Wahlgang wurden die Abgeordneten am Nachmittag zum zweiten Mal an die Urne gerufen

 06.05.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Jüdische Stimmen zum gescheiterten ersten Wahlgang

Michel Friedman, Sergey Lagodinsky, Esther Schapira: Wir haben Jüdinnen und Juden aus Politik und Medien nach ihrer Einschätzung gefragt

 06.05.2025

Kommentar

Springt über euren Schatten!

Friedrich Merz ist schwer angezählt. Trotzdem sollten sich im zweiten Wahlgang alle Abgeordneten einen Ruck geben und ihn zum Kanzler wählen. Es geht um die Demokratie

von Michael Thaidigsmann  06.05.2025

Berlin

Rechtsextreme AfD fordert nach Merz-Scheitern Neuwahl

Union und SPD sind nach dem gescheiterten ersten Wahlgang bei der Kanzlerwahl von Friedrich Merz im Krisenmodus. Nicht so die Rechtsextremen im Parlament – im Gegenteil

 06.05.2025