USA-Israel

Beziehungskrise

Foto: dpa

Barack Obama hat es kürzlich gesagt: »Es käme einem moralischen Versagen gleich, nicht hinter Israel zu stehen.« Aber wie denken Amerikaner wirklich? Die 2000 Besucher, die zu Wochenbeginn nach Washington zum »Global Forum« des American Jewish Committee gekommen waren, stellten Politikern aus Israel und den USA jedenfalls unbequeme Fragen: Wie sollen wir mit der täglichen Kritik an Israel umgehen? In welchem Kontext stehen die Friedensverhandlungen? Ist die Siedlungspolitik gerechtfertigt, oder ist sie Ausdruck territorialer Expansion?

Und, ganz aktuell, welche Konsequenzen hat das – von Obama begrüßte – Urteil des Supreme Court, dass ein jüdischer US-Bürger, der in Jerusalem geboren wurde, in seinem Reisepass seinen Geburtsort nicht mit dem Zusatz »Israel« versehen lassen darf?

atomdeal Der Nahe Osten war nicht der einzige Streitpunkt in Washington. Auch über den Iran wurde heftig diskutiert. Viele Menschen in den USA waren bereits gegen die Vorverhandlungen zu einem möglichen Abkommen über Irans Atomprogramm. Antony Blinken, stellvertretender US-Außenminister, hält dagegen: »Fakt ist, dass sich Iran an alle Regeln gehalten hat und wir nun Zugang zu Irans internen Informationen haben.« Gegner eines Abkommens fragt er: »Was ist eure Alternative?«

Blinken bekräftigt, dass die US-Regierung nicht aufhören werde, Irans Unterstützung für Terrorgruppen und Versuche, die Region zu destabilisieren, zu bekämpfen – »mit oder ohne Abkommen«. Er erinnert an die einseitig gegen Israel gerichteten UN-Resolutionen, denen die USA die Zustimmung verweigert haben, an die Zahlungen für Israels Verteidigung und Sicherheit in Milliardenhöhe, an die Ausrüstung mit Hightechwaffen. »Unsere Unterstützung für Israel ist unantastbar und stärker denn je, und wir stehen hinter Israel, auch wenn wir die Einzigen sind.«

Der Senatsabgeordnete Bob Menendez weist auf einen interessanten, meist unterschätzten Aspekt der US-israelischen Beziehungen hin: Die Partnerschaft ist keine Einbahnstraße. »Israel ist ein wichtiger Handelspartner und Verbündeter der USA in Sicherheitsfragen. Wir können nicht erlauben, dass jemand das Existenzrecht Israels infrage stellt.«

Mit anderen Worten: Wer Israel gefährdet, schadet auch den Vereinigten Staaten. Die Verhandlungen mit Iran sieht Menendez skeptisch: »Was passiert, wenn die Vereinbarung nach zehn Jahren abläuft? Oder Iran das Abkommen verletzt?«, fragt der Senator. »Wir haben uns dramatisch in Richtung einer Position bewegt, in der wir den Iran und dessen nukleare Ambitionen beaufsichtigen, statt sie zu stoppen. Dies birgt die Gefahr, dass sie sich ausbreiten«, warnt Menendez. Hoffnung sei keine nationale Strategie, sagt der Politiker, besonders, wenn es um Iran ginge. Menendez zweifelt – wie viele Amerikaner – an der Aufrichtigkeit Irans als Verhandlungspartner, weshalb es wichtig sei, »alle Punkte im Entwurf akribisch zu prüfen«. Wird Iran, wenn die Medienaufmerksamkeit nachlässt, nachdem das Abkommen geschlossen wurde, zu seinem Wort stehen?

bedrohung Ähnliche Bedenken hat Ron Dermer, der seine Agenda wie folgt beschreibt: »1. Iran, 2. Iran, 3. Iran«. Konkreter formuliert der israelische Botschafter in den USA: »Die Bedrohung durch den Iran ist weder eingebildet noch ein Produkt der Angst: Sie ist real.« Problematisch findet er, »dass erstens Iran mit einem Teil des Geldes Israels Feinde unterstützen und die Region destabilisieren wird, das Abkommen zweitens die nuklearen Aktivitäten Irans nur für einen begrenzten Zeitraum von zehn Jahren aussetzt, aus dem Iran danach gestärkt hervorgehen wird, und dass es drittens anderen Ländern einen Anreiz geben wird, ebenfalls Atomwaffen zu entwickeln.«

Dermer kritisiert, dass die Parteien, die von dem Pakt am meisten betroffen sind, nicht am Verhandlungstisch sitzen. Deshalb ist er auch der Meinung, dass die in den USA und in Israel umstrittene Rede von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im US-Kongress ein Erfolg war. »Anders als Golda Meir, die als Palästina-Delegierte bei der Evian-Konferenz als stille Beobachterin zum Schweigen verdammt war, konnte Netanjahus Stimme gehört werden«, sagt Dermer.

Für innerjüdische Konflikte hält Dermer eine Strategie parat: »Wenn der Premierminister einmal einen schlechten Tag hat, erinnere ich ihn an die Strapazen, die Moses mit dem jüdischen Volk durchlitten hat«, an die 40 Jahre in der Wüste mit dem Goldenen Kalb am Ende. »Und wissen Sie, warum Moses das Gelobte Land am Ende nicht betreten hat?«, fragt Dermer und lacht: »Er wollte nicht!«

Europa

Kniefall in Warschau - Söder gedenkt Polens Kriegsopfern

In Warschau legt Markus Söder einen Opferkranz nieder und kündigt polnische Hinweisschilder für Bayerns Gedenkstätten an. Im Gespräch mit dem Regierungschef geht es um einen aktuellen Krieg

 11.12.2024

Meinung

Syrien: Warum machen wir immer wieder den gleichen Fehler?

Der Westen sollte keinem Mann vertrauen, der bislang als Terrorist gesucht wurde

von Jacques Abramowicz  11.12.2024

Meinung

Es sollte uns beschämen, dass Juden in Deutschland sich nicht mehr sicher fühlen können

Ein Gastbeitrag von Adrian Grasse

von Adrian Grasse  11.12.2024

RIAS

Experten kritisieren Normalisierung antisemitischer Narrative

Sie sind überall verfügbar, im Internet und analog: Legenden, die gegen Juden und die Demokratie gerichtet sind. Das zeigt eine neue Studie - und nimmt speziell auch den Rechtsextremismus in den Blick

 11.12.2024

Bern

Schweiz verbietet Hamas

Ein neues Gesetz verbietet die Hamas, Tarn- und Nachfolgegruppierungen sowie Organisationen und Gruppierungen, die im Auftrag der Terrorgruppe handeln. Jüdische Organisationen begrüßen den Schritt

 11.12.2024

Restitution

Familie verliert ihr in der Nazizeit gekauftes Grundstück

85 Jahre lebt eine Familie in einem Haus in Brandenburg. Zuvor hatte es zwei jüdischen Frauen gehört, die schließlich von den Nazis ermordet wurden

 11.12.2024

Debatte

Rabbiner für Liberalisierung von Abtreibungsregelungen

Das liberale Judentum blickt anders auf das ungeborene Leben als etwa die katholische Kirche: Im jüdischen Religionsgesetz gelte der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person, erklären liberale Rabbiner

von Leticia Witte  11.12.2024

Gelsenkirchen

Bekommt Bayern-Torhüter Daniel Peretz Konkurrenz?

Münchens Sportvorstand Max Eberl macht eine klare Ansage

 11.12.2024

Meinung

Syrien und die verfrühte Freude des Westens über den Sieg der Islamisten

Ein Gastkommentar von Ingo Way

von Ingo Way  11.12.2024