Zeitgeschichte

Bericht: Filbinger wollte schon 1933 NSDAP-Mitglied werden

Die Badische Zeitung» veröffentlichte am Freitag neue Erkenntnisse zum Fall des 2007 verstorbenen ehemaligen Ministerpräsident Hans Filbinger. Foto: imago stock&people

Der spätere baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger (1913-2007) wollte einem Bericht der »Badischen Zeitung« (Freitagsausgabe) zufolge schon 1933 in der NSDAP aufgenommen werden.

Bislang war man von 1937 ausgegangen. Doch im Hauptstaatsarchiv Stuttgart liege eine Akte zur ersten juristischen Staatsprüfung, aus der hervorgehe, dass Filbinger schon im Juni 1933 die Aufnahmeerklärung für die NSDAP samt Gebühr abgegeben habe, berichtete die Zeitung. Die Mitgliedschaft sei wegen eines zeitweiligen Aufnahmestopps damals noch ausgesetzt geblieben.

»Offensichtlich gibt es aufgrund dieser Akte auch einige wichtige Daten in seiner Biografie zu korrigieren«, sagte der stellvertretende Leiter des Hauptstaatsarchivs, Albrecht Ernst, dem Blatt. »Diese Quelle könnte für die Zeitgeschichte und auch für die Biografie und Würdigung der Person Filbingers noch einige Impulse liefern.«

KONTROVERSEN Filbinger war Mitglied der NSDAP und als NS-Marinerichter gegen Kriegsende am Zustandekommen mehrerer Todesurteile gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beteiligt. Als das bekanntwurde, trat der CDU-Politiker 1978 vom Amt des Ministerpräsidenten zurück. Dieses hatte er seit 1966 innegehabt.

Filbinger bestritt zu Lebzeiten stets energisch, mit dem Nationalsozialismus sympathisiert zu haben. 2004 wurde er von seiner Partei als Mitglied der Bundesversammlung nominiert, welche den Bundespräsidenten wählt. Dies traf auf scharfen Widerspruch, unter anderem vom Zentralrat der Juden in Deutschland.

2007, bei der Trauerfeier für Filbinger im Freiburger Münster, sagte der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger über seinen Parteifreund: »Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes.« Das brachte Oettinger Rücktrittsforderungen ein, er blieb aber zunächst standhaft. »Meine Rede war öffentlich, ernst gemeint und die bleibt so stehen«, sagte er im Anschluss. dpa/mth

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025