Armin Laschet

»Bei Judenhass gilt eine Null-Toleranz-Politik«

Armin Laschet, Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat der CDU Foto: imago images/photothek

Herr Laschet, Sie haben sich in den vergangenen Tagen klar an die Seite Israels gestellt. Hätten Sie das auch von anderen Ministerpräsidenten und Parteichefs erwartet?
Das Existenzrecht Israels ist Teil der deutschen Staatsräson – zum Glück wird das von allen demokratischen Parteien geteilt. Dies muss aber auch Konsequenzen für die Sicherheitskooperation und vieles andere mehr haben. Und bei terroristischen Attacken sollte man Solidarität üben, ohne gleich fünf Aber-Sätze anzufügen.

Im nordrhein-westfälischen Hagen wurde die Flagge Israels von der Stadt wieder eingeholt. Es habe viele Beschwerden gegen eine einseitige Solidaritätsbekundung gegeben. Was ist da los?
Die konkrete Situation in Hagen kann ich nicht abschließend bewerten. Für uns – und das habe ich mehrfach betont – ist aber klar: Unsere Solidarität gilt dem Staate Israel.

Sie haben sich deutlich gegen Antisemitismus geäußert. Doch haben in Ihrem Bundesland besonders viele judenfeindliche Aktionen Schlagzeilen gemacht – von Gelsenkirchen bis Köln. Warum?
Die Angriffe auf Synagogen sind nicht akzeptabel und werden nicht geduldet. In Nordrhein-Westfalen haben wir umgehend die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen verstärkt. Das hohe Maß an Emotionalisierung, die antisemitische Gewalt, die sich unter dem Deckmantel von »Israelkritik« Bahn bricht, muss uns aber zu denken geben. Wir müssen an die Ursachen gehen. Sowohl präventiv bei jungen Menschen als auch repressiv bei Tätern.

Auf den Straßen und im Internet wird muslimischer Antisemitismus immer gewalttätiger. Was wollen Sie dem entgegensetzen?
Es gibt unterschiedliche Ursprünge und Formen von Antisemitismus. Der rechtsradikale Antisemitismus hat andere Wurzeln als der salafistische oder linksradikale. Wir gehen gegen alle diese Formen vor. Antisemitischer Hass ist keine Meinung, sondern eine Straftat. Wir bestärken deshalb die Sicherheitsbehörden und die Justiz, alle Mittel auszuschöpfen, die der Rechtsstaat zur Verfügung stellt. Hier gilt eine Null-Toleranz-Politik. Ebenfalls wichtig ist die Prävention. Hier gilt es auch, den Austausch zwischen Deutschland und Israel auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu verstärken. Wir brauchen zum Beispiel ein deutsch-israelisches Jugendwerk und mehr Stipendienprogramme.

Die CDU Deutschland veranstaltet an diesem Donnerstag einen Aktionstag gegen Antisemitismus. Was soll damit erreicht werden?
Wir wollen deutlich machen, dass jüdische Kultur und jüdisches Leben wichtige Bestandteile des Alltags in Deutschland sind, und dies noch stärker sichtbar machen. Wenn Jüdinnen und Juden in Deutschland angegriffen werden, werden wir alle, wird unsere gesamte Gesellschaft angegriffen. Wo Jüdinnen und Juden ihrer Freiheit beraubt werden, werden wir alle unserer Freiheit beraubt. Dem stellen wir uns mit ganzer Kraft entgegen. Ich selbst werde mich am Aktionstag gemeinsam mit Josef Schuster und Lea Rosh am Denkmal der ermordeten Juden Europas über den aktuell steigenden Antisemitismus in Deutschland und die historische Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber jüdischen Menschen in Deutschland und dem Staat Israel austauschen. Für jeden, der in Deutschland geboren ist und deutscher Staatsbürger wird, gilt, unabhängig von seiner Herkunft, dass der Holocaust auch ihm eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus abverlangt.

Sie haben das Verbot von Hamas-Fahnen gefordert. Weshalb?
Die Hamas ist eine terroristische Organisation. Die Symbole der Hamas sind Symbole des Terrors. Deshalb muss das Tragen, Verbreiten und Zurschaustellen der Symbole der Terrororganisation Hamas in Deutschland verboten werden.

Die Fragen an den Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten der CDU stellte Detlef David Kauschke.

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Gaza

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat nennt Ausladung Shanis »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Urteil

Bundesgerichtshof bestätigt Geldstrafen gegen Höcke

Das Landgericht Halle habe in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der AfD-Politiker die verbotene SA-Parole »Alles für Deutschland« und »Alles für« gerufen hat

 11.09.2025