Canberra

Australien will Palästinenserstaat im September anerkennen

Premierminister Anthony Albanese Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Australien wird im kommenden Monat bei der UN-Vollversammlung offiziell einen Palästinenserstaat anerkennen. Das kündigte Premierminister Anthony Albanese am Montag in Canberra an – und vollzieht damit binnen nur zwei Wochen eine Kehrtwende. Noch Ende Juli hatte der Labor-Politiker erklärt, eine solche Entscheidung stehe nicht unmittelbar bevor.

Der Premier begründete den Schritt mit »klaren Zusagen« der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Diese habe sich verpflichtet, dass die palästinensische Terrororganisation Hamas keinerlei Rolle in einer künftigen Regierung spielen werde. Zudem solle der Gazastreifen entmilitarisiert, nach fast 20 Jahren wieder Wahlen abgehalten und das Existenzrecht Israels ausdrücklich anerkannt werden.

Weitere Zusagen betreffen tiefgreifende Reformen, internationale Kontrollen zur Vermeidung von Hetze sowie die Abschaffung des international stark kritisierten Prämiensystems für inhaftierte Attentäter und für Familien getöteter Angreifer, darunter Terroristen.

»Koordinierte Initiative«

»Eine Zwei-Staaten-Lösung ist die beste Hoffnung der Menschheit, den Kreislauf der Gewalt im Nahen Osten zu durchbrechen und dem Konflikt, dem Leid und dem Hunger im Gazastreifen ein Ende zu setzen«, sagte Albanese nach einer Kabinettssitzung. Die Entscheidung sei Teil einer »koordinierten internationalen Initiative«, die neuen Schwung für eine friedliche Lösung bringen solle.

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Seit dem Jahr 2000 war den Palästinensern ein eigener Staat in fast dem gesamten Westjordanland und in Gaza angeboten worden, mit einem autonomen Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Sie lehnten ab und überzogen den jüdischen Staat stattdessen mit Terrorwellen und Kriegen. Nach dem einseitigen Abzug Israels aus Gaza im Jahr 2005 machten sie daraus eine Terrorhochburg, von der die Aggression ausging. Sie gipfelte in den Massakern vom 7. Oktober 2023.

Albanese sagte, in den vergangenen zwei Wochen habe er dazu mit den Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich, Neuseeland und Japan gesprochen, ebenso mit Israels Premier Benjamin Netanjahu und PA-Präsident Mahmud Abbas. Das Gespräch mit Netanjahu sei »zivilisiert und relativ lang« gewesen, so Albanese. Die Argumente des israelischen Regierungschefs ähnelten jedoch stark jenen, die er schon vor über einem Jahr vorgebracht habe. Albanese habe Netanjahu deutlich gemacht, dass seiner Ansicht nach eine politische und keine militärische Lösung nötig sei.

Scharfe Kritik aus Jerusalem

Netanjahu reagierte bereits am Sonntag vor der offiziellen Ankündigung und übte deutliche Kritik an Australien sowie an europäischen Staaten, die in den vergangenen Monaten ebenfalls Schritte zur Anerkennung eines Palästinenserstaates unternommen haben. »In dieses Kaninchenloch zu marschieren, diese Mär zu unterstützen, ist enttäuschend und, wie ich finde, beschämend«, sagte er.

Der außenpolitische Kurswechsel des Premierministers ist auch innenpolitisch brisant. In Australien hatten pro-palästinensische Gruppen und Teile von Albaneses eigener Labor-Partei in den vergangenen Wochen verstärkt gefordert, die Anerkennung auszusprechen. Gleichzeitig wächst in Canberra die Kritik an Israels Militärstrategie. Auslöser war zuletzt die Ankündigung Netanjahus, eine neue Offensive zur Einnahme von Gaza-Stadt zu starten.

Befürworter in Australien sehen in dem Schritt ein wichtiges Signal, um internationalen Druck auf beide Seiten auszuüben und den festgefahrenen Friedensprozess wiederzubeleben. Gegner warnen hingegen, dass die Anerkennung die Spannungen im Nahen Osten weiter verschärfen und die Beziehungen zu Israel belasten könnte.

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