Debatte

Aufklärung von Vorwürfen gegen Arolsen Archives wird stark beschränkt

Aktenschränke im Archiv des auch als Arolsen Archives bekannten International Tracing Service (ITS) für NS-Opfer in Bad Arolsen (Hessen) Foto: picture alliance / Swen Pförtner/dpa

Die Aufklärung der Vorwürfe des Mobbings, Machtmissbrauchs und der Vetternwirtschaft gegen die Leitung des NS-Dokumentationszentrums Arolsen Archives wird stark beschränkt.

Das Aufsichtsgremium Internationaler Ausschuss habe am Dienstag
mitgeteilt, dass die Untersuchung durch die Berliner Anwaltskanzlei
Göhmann auf Anschuldigungen des Zeitraum vom 8. März 2021 bis 8. März 2023 eingegrenzt werde, teilte die Pressesprecherin der Arolsen Archives, Anke Münster, am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit.

Gründe dafür habe der Internationale Ausschuss nicht genannt. Ursprünglich war davon ausgegangen worden, dass die Vorwürfe in den gesamten Amtszeiten der Direktorin Floriane Azoulay und des stellvertretenden Direktors Steffen Baumheier seit 2016 bzw. 2017 untersucht würden.

Der Untersuchungsbericht könne möglicherweise im August durch den
Internationalen Ausschuss vorgelegt werden, sagte Münster weiter, dies sei aber nicht sicher.

Beschönigung Die Einschränkung der Aufklärung sei ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, sagte der Rechtsanwalt Daniel Vogel dem epd. Er habe mit 25 aktiven und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Arolsen Archives gesprochen, die von Mobbing und Repressalien
berichtet hätten. Die mit der Untersuchung beauftragte Kanzlei
Göhmann habe mehr als 30 Betroffene genannt. Mit der Beschränkung des
Untersuchungszeitraums auf zwei Jahre fielen 80 Prozent der
Anschuldigungen unter den Tisch.

Einige Vorwürfe, wie die der Vetternwirtschaft und Veruntreuung öffentlicher Gelder, würden so überhaupt nicht mehr untersucht. »Bei den Betroffenen, die wegen der Vorfälle zum Teil in psychologischer Behandlung sind, kommt die Botschaft an: Ihr seid uns egal!«, kritisierte Vogel.

Öffentliche Gelder Rechtsanwalt Vogel hatte im März ein Dossier mit den Aussagen von 25 aktiven und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) geschickt. Darin werden Willkür, Demütigungen und reihenweise Kündigungen kompetenter und hochqualifizierter Angestellter durch die Direktion beschrieben. Nach Darstellungen von Mitarbeitenden, herrscht in der Einrichtung nahezu seit dem Amtsantritt von Direktorin Azoulay im Jahr 2016 eine »toxische Arbeitsatmosphäre« und eine »Kultur der Angst«.

Die Arolsen Archives sind das internationale Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung über die nationalsozialistische Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und
Überlebenden des Nationalsozialismus.Die Sammlung mit Hinweisen zu
rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum Unesco-Weltdokumentenerbe.
Der Internationale Ausschuss wird von Vertretern der Regierungen von
elf Mitgliedsländern bestellt. Der Vorsitz wechselt jährlich. epd

Antisemitismus

Konzert-Comeback: Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Xavier Naidoo kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorwürfe, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025

Brüssel

Keine Nato-Rüstungsaufträge mehr an israelische Firma?

Einem Bericht verschiedener Medien zufolge ist Israels führendes Wehrtechnikunternehmen Elbit Systems wegen Korruptionsverdachts vorläufig von weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen worden

 10.12.2025

Polen

Neun polnische KZ-Opfer werden im Juni seliggesprochen

Die Nationalsozialisten brachten in Dachau und Auschwitz auch Hunderte polnische Priester um. Die katholische Kirche verehrt mehrere von ihnen als Märtyrer. Bald werden neun weitere Geistliche in Krakau seliggesprochen

 10.12.2025