Einspruch

Ankaras fünfte Kolonne

Politik der Zweideutigkeit nennt man die Taktik des Staates Israel, sein atomares Arsenal so zu beschweigen, dass die ganze Welt umso mehr davon ausgeht, es müsse riesig sein. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan ist von dieser erfolgreichen Strategie offenbar nachhaltig beeindruckt – so sehr, dass er sich am Sonntag zum zweiten Mal in Deutschland mit einer eindeutig zweideutigen Rede an Türken und türkischstämmige Deutsche wandte. Natürlich müssten sie sich integrieren, die ehemaligen Gastarbeiter und deren Nachkommen. Selbstredend sollen sie Deutsch lernen. Das »Aber« des Wahlkämpfers jedoch transportierte eine ganz andere Botschaft. Türkisch soll Erstsprache in den Familien sein. Und irgendwie blieben alle Kinder und Enkel der Einwanderer seine, Erdogans, Bürger.

Identität Verbunden mit einem Hinweis auf Ausländerfeindlichkeit und eingebettet in eine Warnung vor »Islamophobie« definiert Erdogan die in Deutschland lebenden Türken bewusst als eine klar abgegrenzte Gruppe: Ausländer und Muslime. Dass diese seltsame Sowohl-Als-Auch-Rhetorik deutschen Politikern nicht gefallen würde, nahm er dabei in Kauf. Doch seine Rede schadet weniger dem deutsch-türkischen Verhältnis, das von gemeinsamen Interessen stabilisiert wird, als vielmehr den in Deutschland lebenden Türken. Erdogan stempelt sie zu Ankaras fünfter Kolonne und lässt sie mit einem Identitätskonflikt zurück.

Es gab Zeiten, da war es israelischen Politikern ein Anliegen, in der Diaspora lebenden Juden ähnliche Botschaften zu vermitteln. Davon hat Jerusalem inzwischen Ab- stand genommen – obwohl die Verbindung von jüdischer Identität und jüdischem Staat viel stärker ist als jene zwischen den Nachkommen von Gastarbeiter und der Türkei. Damit hat man es den Juden in Deutschland leichter gemacht, ohne je die ausgestreckte Hand der »sicheren Heimstatt« zurückzuziehen. Vielleicht sollte sich Erdogan diese Strategie von seinen israelischen Kollegen abgucken.

Der Autor ist Chef vom Dienst beim Kölner Stadtanzeiger.

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

München

Bayern gibt NS-Raubkunst an Erben von Ernst Magnus zurück

Nach Jahrzehnten geht ein Renaissance-Gemälde an die Erben des jüdischen Bankiers. Warum die Entscheidung erst jetzt fiel und was das Bild mit NS-Verbrecher Hermann Göring zu tun hat

 12.12.2025

Deutschland-Reise

Israels Oberrabbiner besucht Bremen

Kalman Meir Ber trifft Bürgermeister Andreas Bovenschulte und die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer (beide SPD)

 12.12.2025

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025