Faktencheck

Angebliches Video von Hilfsaktion entstand vor Gaza-Krieg

Ein Lastwagen mit Hilfsgütern passiert am Sonntag, den 22. Oktober 2023 den Grenzübergang Rafah nach Gaza. Dieses Bild ist echt Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Am 7. Oktober haben Hamas-Terroristen die Grenze zu Israel überquert und Massaker angerichtet, bei denen 1400 Menschen ermordet wurden. Israel greift seither Terror-Ziele im Gazastreifen an. Die mehr als zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens waren zunächst von fremder Hilfe abgeschnitten. Sie haben oft nur begrenzten Zugang zu lebensnotwendigen Gütern wie Wasser, Nahrungsmitteln, Treibstoff und Medikamenten.

Humanitäre Hilfskonvois der Vereinten Nationen steckten bis zum Wochenende auf der ägyptischen Seite der Grenze in Rafah fest. Inzwischen sind zwei Hilfskonvois in Gaza angekommen.

Einem Video auf Instagram zufolge sollen »ägyptische Muslime« schon am 14. Oktober auf eigene Faust zu Hilfe geeilt sein: »Ägyptische Muslime brachten heute Morgen so Ihre Hilfe nach Gaza, indem sie zu den Grenztoren eilten«, heißt es in dem Video. Darin ist zu sehen, wie mehrere Hundert Personen mit weißen Paketen auf dem Rücken gebunden in einer Wüste in dieselbe Richtung gehen.

Bewertung

Das Video ist alt und hat keinen Bezug zur aktuellen Entwicklung im Gaza-Streifen. Wahrscheinlich stammt es von der ägyptisch-libyschen Grenze.

Fakten

Ägypten hat eine mehr als zwölf Kilometer lange Grenze mit dem Gazastreifen. Es gibt nur einen Grenzübergang, und zwar in Rafah. Der Rest ist mit einem stählernen Grenzzaun abgesperrt, der in den vergangenen Tagen nach dem Angriff der Hamas auf ägyptischer Seite verstärkt wurde. Ein Grenzübertritt in jede Richtung ist nahezu unmöglich.

Diese Grenzmauer ist optisch sehr präsent. Im Video sind hingegen nirgendwo eine Mauer, ein Grenzübergang oder andere Markierungen der Grenze zu sehen. Das ist ein erster Hinweis darauf, dass es sich nicht um die Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen handelt.

Standort ungewiss

Auf Tiktok und X wurde das Video am 31. August und 7. September veröffentlicht, also lange vor der jüngsten Eskalation der Gewalt im Gazastreifen Anfang Oktober. Die Bilder haben also nichts damit zu tun.

In den Beiträgen auf Tiktok und X wird tatsächlich von einer Grenze gesprochen, nur nicht von der Grenze Ägyptens zum Gazastreifen. Nach Angaben von Social-Media-Nutzern ist dort die ägyptisch-libysche Grenze in der Nähe der kleinen ägyptischen Grenzstadt Sallum am Mittelmeer zu sehen.

Im Video ist am Horizont eine Reihe von Gebäuden zu sehen, vor allem ein helles gewölbtes Dach fällt auf. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um den Grenzübergang zwischen Ägypten und Libyen. Auf Fotos der ägyptischen Nachrichtenseite »Youm7« sind ein weißes Dach und Nebengebäude zu erkennen, die mit der Anordnung im Video übereinstimmen.

Die arabischen Faktenprüfer von Misbar bemerkten die Ähnlichkeiten der Personen im Video mit denen von Schmugglern, die entlang der ägyptisch-libyschen Grenze operieren.

Links

Post (bei Instagram archiviert)

Zur Grenze (archiviert)

Zur Grenzverstärkung (archiviert)

Rafah und die Grenze (archiviert)

Zur Grenze (2)(archiviert)

Tiktok-Video (archiviert)

X-Beitrag (archiviert)

X-Beitrag (2)(archiviert)

Misbar (archiviert)

Tweet (archiviert)

zu Gaza (1)(archiviert)

zu Gaza (2)(archiviert)

zu Gaza (3)(archiviert)

Satellitenaufnahme der Grenze

Fotos der Grenzanlage bei »Youm7« (archiviert)

Vatikan

Robert Francis Prevost ist neuer Papst

Er ist der erste Amerikaner in diesem Amt und hat sich den Namen Leo XIV. gegeben

von Philipp Znidar, Sabina Crisan  09.05.2025 Aktualisiert

Gedenken

Steinmeier: »Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach bei der Gedenkstunde im Bundestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs über Gefahren für die Demokratie

 08.05.2025

Gericht

AfD rechtsextrem? Verfassungsschutz gibt Stillhaltezusage ab

Damit können die Verfassungsschützer die AfD nicht beobachten, bis das Verwaltungsgericht Köln ein Urteil gefällt hat

 08.05.2025

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, auch wenn es sich bei der Hamas um skrupellose, abgrundtief böse Terroristen handelt

von Nils Kottmann  08.05.2025

Kommentar

Ulrike Eifler, die Linkspartei und die Auslöschung Israels

Ein hochrangiges Mitglied der Partei delegitimiert auf X Israel. Die Linke muss sich klar davon distanzieren, wenn sie glaubwürdig für Menschenrechte eintreten will

von Andreas Büttner  08.05.2025

Kommentar

Der Ukraine-Krieg überlagert die Pluralität der Erinnerungen

Die Auffassung, dass jeder nach seiner Fasson dem Zweiten Weltkrieg gedenkt, wurde durch Russlands Einmarsch in die Ukraine zerstört. Lenin- und Roter Stern-Orden jüdischer Veteranen und Veteraninnen und ihre »hundert Gramm« in Erinnerung an die gefallenen Kameraden wirken deplatziert

von Dmitrij Belkin  08.05.2025

Umfrage

80 Jahre Kriegsende – Jeder fünfte Deutsche will mehr Gedenken

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht. Der Zweite Weltkrieg war vorüber. In Berlin und anderswo erinnern die Menschen an die Millionen Opfer. Jüdische Vertreter würdigen die Erinnerungskultur - und warnen zugleich

von Leticia Witte  08.05.2025

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025