Berlin

Scholz: Deutschlands Platz ist »an der Seite Israels«

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung zur Lage in Israel ab. Foto: picture alliance/dpa

Am Donnerstagvormittag hat Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung zur Lage in Israel abgegeben. Israels Botschafter Ron Prosor verfolgte die Sitzung auf der Besuchertribüne. Er wurde mit langanhaltendem Beifall begrüßt. Die Parlamentarier und Regierungsmitglieder erhoben sich dazu von ihren Plätzen.

Kanzler Scholz sicherte in seiner Erklärung dem jüdischen Staat nach dem blutigen Angriff der islamistischen Hamas die volle Solidarität Deutschlands zu. »In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: Den Platz an der Seite Israels«, sagte er.

Scholz unterstrich, dass Israel das völkerrechtlich verbriefte Recht habe, sich und seine Bürgerinnen und Bürger gegen diesen barbarischen Angriff zu verteidigen: »Und die Sicherheit in und für Israel muss wieder hergestellt werden. Und darum muss Israel sich verteidigen können.«
Der SPD-Politiker zeigte sich betroffen: »Unsere Herzen sind schwer angesichts des großen Leids, das Terror, Hass und Menschenverachtung über Euer Land, über Israel gebracht hat. Wir verdammen die Gewalt der Terroristen in aller Schärfe.«

Enger Kontakt

Zudem sagte er Israel praktische Unterstützung zu. »Unsere Solidarität erschöpft sich nicht in Worten.« Er habe Premierminister Benjamin Netanjahu gebeten, in engem Kontakt zu bleiben und über jeglichen Unterstützungsbedarf zu informieren. Das gelte zum Beispiel für die Versorgung Verwundeter. Auch andere Unterstützungsbitten Israels werde die Bundesregierung »unverzüglich prüfen und auch gewähren«.

Der Kanzler machte auch deutlich, dass der Angriff der Hamas Konsequenzen für die Zusammenarbeit Deutschlands mit den Palästinensern habe. Er machte deutlich, dass die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit den palästinensischen Gebieten auf dem Prüfstand stehe. »Bis diese Überprüfung abgeschlossen ist, werden wir keine neuen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen.« Zugleich kündigte er ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland an. Das palästinensische Netzwerk Samidoun soll verboten werden.

In der anschließenden knapp zweistündigen Aussprache verurteilten alle Rednerinnen und Redner den Terror der Hamas, drückten ihre Trauer und Anteilnahme sowie die Solidarität mit Israel aus.

»Abscheulicher Exzess der Gewalt«

Friedrich Merz (CDU) dankte dem Kanzler für dessen Erklärung und sagte mit Blick auf den Angriff der Hamas: »Es gibt für diese feigen und abscheulichen Exzess der Gewalt keinerlei Rechtfertigung. Israel reagiert auf diesen Terror im Rahmen seines völkerrechtlich verbrieften Rechts auf Selbstverteidigung.« Er ergänzte: »Wir wünschen dem Staat Israel, dass er sein Selbstverteidigungsrecht eben mit Stärke und Gerechtigkeit ausübt. Der Unterstützung des Deutschen Bundestags kann sich Israel dabei sicher sein.«

Merz sprach sich für eine Verstärkung des Kampfes gegen den Antisemitismus aus. »Ich biete für die Unionsfraktion an, dass wir gemeinsam aus der Mitte dieses Hauses den Kampf gegen Antisemitismus in unserem Land noch entschlossener fortsetzen«, so der CDU-Vorsitzende.

Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge (Bündnis 90/Grüne) betonte, dass es nicht akzeptiert werden könne, dass die Hamas die Sicherheit des jüdischen Staates infrage stellt. Und sie versicherte Israel: »Sie können sich auf uns verlassen, gerade in dieser schwierigen Zeit.«

»Nie wieder schauen wir weg«

Und an Jüdinnen und Juden in Deutschland gerichtet, sagte Dröge: »Euer Schutz ist unsere Verpflichtung. Wir werden alles dafür tun, um jüdische Einrichtungen, um jüdische Institutionen, aber auch das Leben auf deutschen Straßen für jüdische Menschen so gut wir können zu schützen und zu sichern.«

Auch SPD-Chef Lars Klingbeil rief eindringlich zu weiterer Unterstützung Israels auf: »Wir haben uns als Deutschland geschworen: Nie wieder, nie wieder schauen wir weg, nie wieder schweigen wir, wenn jüdisches Leben bedroht ist.«Nun müssten den Worten Taten folgen. Deshalb sei die Unterstützung, die Deutschland Israel zugesichert habe, so wichtig, so Klingbeil.

Für die CSU ergriff Alexander Dobrindt das Wort. Er hatte am Mittwoch unserer Zeitung am Rande der Plenarsitzung gesagt: »Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Unterstützung Israels jetzt nicht nur mit Worten erfolgt und dass sie auch in Zukunft bestehen bleibt. Das sage ich im Wissen darum, dass die Herstellung der Sicherheit Israels durch militärische Mittel erfolgen muss und damit auch belastende Bilder verbunden sind.«

Israel müsse militärisch handeln, um seine Sicherheit wiederherzustellen. Jegliche Form von Relativierungsversuche seien unangebracht und abzulehnen, so Dobrindt. »Es ist unser aller Anliegen, die humanitäre Situation im Blick zu behalten. Aber es geht jetzt darum, die Terrororganisation Hamas entscheidend zu treffen, die versuchen wird, sich hinter einem humanitären Argument zu verstecken.«

Mehre Rednerinnen und Redner begrüßten den Entschließungsantrag, den die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gemeinsam mit der CDU/CSU vorgelegt hatten. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, »Israel vor dem Hintergrund der brutalen Angriffe gegen sein Land und unschuldige Bürgerinnen und Bürger volle Solidarität und jedwede Unterstützung zu gewähren«. ddk/dpa

Berlin

Steinmeier erinnert an Stiftungsgründung für NS-Zwangsarbeiter

Im Jahr 2000 gründeten die deutsche Wirtschaft und der Bund nach langem Vorlauf die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Millionen NS-Opfer erhielten zumindest einen symbolischen Betrag

 02.12.2025

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025