Interview

»Alija ist keine Lösung«

Herr Reingewirtz, was hat der Konflikt in Gaza mit antisemitischen Attacken in Frankreich zu tun?
Wieder einmal wird der Konflikt von Gaza nach Paris und ganz Frankreich exportiert. Die Situation in Nahost wird zurzeit oft als Vorwand für antijüdische Attacken genutzt.
Innerhalb weniger Tage gab es mehrere antisemitische Ausschreitungen im Großraum Paris. Antiisraelische Aktivisten verübten einen Brandanschlag auf eine Synagoge. Vor einer anderen Synagoge versperrten Demonstranten Juden den Weg aus dem Gebäude und bewarfen sie mit Steinen.

Wie groß ist die Gefahr für französische Juden durch fanatische Muslime?

Viele Juden fühlen sich bedroht. Seit einiger Zeit haben antisemitische Vorfälle in Frankreich zugenommen. Die Attentate von Toulouse, der Anschlag in Brüssel – verübt von einem muslimischen Franzosen –, all das beunruhigt die jüdische Gemeinschaft sehr. Das bleibt nicht ohne Wirkung.

Inwiefern?
Immer mehr Juden ziehen wegen des Antisemitismus in Frankreich nach Israel. Insgesamt ist es zwar nur eine Minderheit, die tatsächlich auswandert. Viele denken ernsthaft darüber nach. Meiner Ansicht nach ist die Alija keine Lösung. Wir müssen stattdessen viel mehr Energie in den Kampf gegen Rassismus und Judenhass investieren.

Wie groß ist der Rückhalt für antisemitische Muslime in Frankreich?
Es gibt immer häufiger judenfeindliche Äußerungen in der Öffentlichkeit. Der umstrittene Komiker Dieudonné veröffentlicht zum Beispiel regelmäßig antisemitische Videos. Dafür wurde er zwar schon gerichtlich belangt. Aber sein Einfluss auf viele Franzosen ist sehr groß. Und die rechtsextreme Partei Front National ist bei den Europawahlen auf 25 Prozent gekommen. Alterspräsident Jean-Marie Le Pen kommt immer wieder mit extrem judenfeindlichen Äußerungen in die Medien.

Frankreichs Politiker versprechen den Juden im Land umfassenden Schutz. Sind das leere Phrasen?
Ich zweifle nicht am politischen Willen der französischen Regierung, die Juden im Land zu schützen. Aber verbesserte Sicherheitsmaßnahmen sind nicht die einzige Lösung, sonst bleiben wir in der Logik der Gewalt. Wir brauchen ein pädagogisches Konzept, um die Menschen von einem friedlichen Zusammenleben zu überzeugen.

Ist es nur eine Frage der Zeit, bis es wie in Paris, Toulouse oder Marseille weitere antisemitische Anschläge von antiisraelischen Aktivisten auf Juden geben wird?
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Zahl der antisemitischen Taten sinken wird und wir es schaffen werden, friedlich zusammenzuleben. In Frankreich haben wir Juden eine lange Geschichte. Wir dürfen das Vertrauen nicht verlieren.

Mit dem Präsidenten des jüdischen Studentenverbands in Frankreich sprach Ulrike Koltermann.

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

Frankfurt

Unibibliothek besitzt rund 7.500 mutmaßlich geraubte Bücher

Die Goethe-Universität hatte die Herkunft von insgesamt rund 79.000 Bänden geprüft, die zwischen 1942 und 1945 in den Bestand aufgenommen worden waren

 01.07.2025

Spionage-Skandal

Außenminister Wadephul bestellt iranischen Botschafter ein

Der CDU-Politiker rief außerdem zum Schutz von Juden in Deutschland auf

 01.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Berlin

Schuster: Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden nicht mehr kleinreden

In Dänemark wurde ein Spion festgenommen, der für den Iran jüdische und pro-israelische Ziele ausspioniert haben soll - darunter auch den Zentralrat der Juden

 01.07.2025

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025