Matthias Meisner

Zum Wohl, Putin!

Matthias Meisner Foto: Dora Meisner

Matthias Meisner

Zum Wohl, Putin!

Das »Z« beschäftigt auch deutsche Gerichte. Jüngst sah es in Sachsen so aus, als ob Polizei und Justiz rasch und angemessen reagieren würden – doch die Geschichte ging anders aus

von Matthias Meisner  25.06.2022 22:59 Uhr

Die Corona-Demonstranten haben seit dem 24. Februar ein neues Thema: den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die meisten von ihnen teilen aber nicht diese Begrifflichkeit, sondern stehen auf der Seite derer, die wie der Kreml von einer »Sonderoperation« sprechen und Russland eine Notwehr-Rolle zubilligen.

Russische Fahnen werden bei den Protesten geschwenkt. Und immer wieder taucht auch das »Z«-Symbol auf, mit dem Moskau seine Truppen mobilisiert. Das russische Verteidigungsministerium hatte erklärt, »Z« stehe für »Auf den Sieg«.

Gesamtumstände Das »Z« beschäftigt auch die deutschen Gerichte. Jüngst sah es in Sachsen so aus, als ob Polizei und Justiz rasch und angemessen reagieren würden. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden erklärte, im »Z«-Symbol werde eine »symbolische Billigung« des Vorgehens der Russischen Föderation in der Ukraine vermutet – solange diese »aufgrund der Gesamtumstände nicht erkennbar ausscheidet«.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden erklärte, im »Z«-Symbol werde eine »symbolische Billigung« des Vorgehens der Russischen Föderation in der Ukraine vermutet.

Und so wurde gegen eine 35-jährige Deutsche eine Anzeige wegen des Paragrafen 140 StGB, der Billigung von Straftaten, gefertigt. Sie hatte Ende März beim Montags-»Spaziergang« in Bautzen ein »Z« auf ihre Warnweste und ihren Helm geklebt. Bei der polizeilichen Vernehmung gab die Frau zu, Putins »Aktionen« völlig legitim zu finden, schließlich sei die Nato »der eigentliche Angreifer und Verbrecher«. Sogar ein beschleunigtes Verfahren brachte die Justiz in Gang.

demokratiegegner Nun aber ging die Geschichte doch Sachsen-typisch aus. Heißt: im Zweifel für die Gegner der Demokratie. Die Frau nahm sich einen rechtsextremen Szene-Anwalt. Das Amtsgericht Bautzen lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Begründung: Es sei möglich, dass »mit dem Z nur provoziert« werden sollte.

Es sei nicht klar, ob die Angeschuldigte das russische Kriegstreiben und die begangenen Verbrechen gutheiße. Auch beim Corona-Protest hätten Impfgegner schließlich den gelben Davidstern aus dem »bisherigen Kontext gelöst«. Na dann: In Sachsen steht »Z« künftig für »Zum Wohl, Putin!«. Dazu ein Bierdeckel mit gelbem Stern. Alles straffrei.

Der Autor ist freier Journalist und lebt in Berlin.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025