Nora Goldenbogen

Widerstand in Sachsen: Auch wir sind gefragt

Nora Goldenbogen Foto: Steffen Giersch

Es war eigentlich absolut voraussehbar. Trotzdem haben die sächsischen Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen vom vergangenen Sonntag rundum für großes Erschrecken gesorgt. Wieso eigentlich? Sind sie doch der vorläufige Endpunkt einer Entwicklung, die in Sachsen schon in den 90er-Jahren begann.

Ich erinnere mich noch gut an jene sogenannten Baseballschlägerjahre, die ich damals in Dresden hautnah miterlebte. Mit anderen Aktiven bauten wir in der Dresdner Neustadt, unmittelbar neben dem ältesten erhalten gebliebenen jüdischen Friedhof, »HATiKVA« auf, die »Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur Sachsen«.

Viele der jungen Neonazis von damals sind längst »brave« Familienväter und -mütter mit verfestigten rechtsextremen Einstellungen.

Nur wenige Tage nach der Eröffnung hatten wir die ersten antisemitischen Flugblätter im Briefkasten. Später ging das bis zu Veranstaltungsstörungen durch junge und ältere Rechtsextreme, die uns ins Gesicht schleuderten, dass wir alle ins Lager gehörten. Viel zu lang galt aber auf Regierungsebene, die Sachsen seien »immun gegen Rechtsextremismus«. Das war vor 30 Jahren. Viele der jungen Neonazis von damals sind längst »brave« Familienväter und -mütter mit verfestigten rechtsextremen Einstellungen, die sie vermutlich auch an ihre Kinder weitergegeben haben.

Gleichzeitig gab es in den vergangenen Jahrzehnten viele Umbrüche, verunsichernde neue Entwicklungen und gesellschaftliche Krisensituationen wie die Finanzkrise, die Corona-Pandemie oder die gegenwärtigen Kriegsgefahren. Allzu viele, die am Sonntag dafür sorgten, dass in Sachsen die AfD stärkste Kraft sowohl bei den Europa- als auch bei den Kommunalwahlen wurde – mancherorts mit mehr als 40 Prozent der Stimmen –, entschieden sich für die einfachen Lösungsvorschläge und Schuldzuweisungen dieser Partei, ungeachtet des rechtsextremen Hintergrunds zahlreicher ihrer Protagonisten.

Vielfach wurde innerhalb unserer jüdischen Community darüber diskutiert, dass Widerstand gegen diese Entwicklung doch vorrangig Aufgabe der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft sei. Ich denke, auch wir sind hier gefragt. Das sind wir unserer Geschichte schuldig.

Die Autorin ist Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden.

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jan Feldmann

Eine Revolution namens Schabbat

Wir alle brauchen einen Schabbat. Selbst dann, wenn wir nicht religiös sind

von Jan Feldmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

Meinung

Die Schönwetterfreunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025 Aktualisiert