Martin Leiner, Professor für Systematische Theologie und Direktor des Jena Center for Reconciliation Studies, hält seit Jahren Seminare über Dialog, Vertrauen und Vergebung. Nun ist er Mitinitiator eines Schreibens, das die Zusammenarbeit der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit israelischen Hochschulen auf den Prüfstand stellen will – wegen des »Verdachts einer Komplizenschaft an Völkermord«.
Doch was ist Versöhnung wert, wenn sie Juden ausschließt? Wenn ein Theologe, der sich der Friedensarbeit verschrieben hat, zwischen »richtigen« und »falschen« Opfern, zwischen »würdigen« und »unwürdigen« Partnern unterscheidet – dann wird aus der Ethik der Versöhnung eine Moral der Heuchelei.
Leiner trägt das Vokabular der Dämonisierung Israels in die Mitte der Universität.
Leiner, der seit Jahren mit palästinensischen Wissenschaftlern der Al-Azhar-Universität in Gaza zusammenarbeitet, beteuert, ihm liege nichts ferner als ein Boykott israelischer Universitäten. Das klingt beruhigend, wirkt aber wie der Satz eines Rauchers, der angeblich nicht rauchen will, aber schon mal das Feuerzeug bereithält. Die Sprache der Distanzierung kann nicht verdecken, dass hier das Vokabular der Dämonisierung Israels in die Mitte der Universität getragen wird.
Leiners Sorge um seine Kollegen in Gaza mag aufrichtig sein. Aber wer Solidarität mit Palästinensern nur durch Distanz zu Juden ausdrücken kann, verrät den Geist der Versöhnung, den er zu verkörpern vorgibt. Versöhnung beginnt nicht mit dem Misstrauen gegenüber Israel. Sie beginnt mit der Anerkennung, dass dieses Land kein Feind, sondern ein Partner ist.
Wer, wie Leiner, die Sprache der Friedensforschung benutzt, um politisch korrekte Distanzierung zu rechtfertigen, macht sich zum Komplizen derjenigen, die das Ende des akademischen Austauschs mit Israel seit Jahren herbeisehnen.
Ein Schreiben, in dem Leiner das Jenaer Uni-Präsidium auffordert, seine Partner in Gaza daraufhin zu prüfen, ob sie Kontakte zur Hamas unterhalten, lag bis Redaktionsschluss nicht vor.
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