Vor einigen Tagen verübte Russland einen massiven Drohnen- und Raketenangriff auf die Regionen Riwne und Dubno in der Westukraine. Beobachtern zufolge waren es 499 Geschosse in einer einzigen Nacht. Das russische Regime macht mit zunehmender Gewalt deutlich, dass es keinen Frieden und keine Verhandlungslösung anstrebt. Für alle politischen Kräfte, die sich nicht selbst belügen wollen, ist dies bereits seit Langem offensichtlich.
Doch in der Nacht vom 8. auf den 9. Juni gab es eine Besonderheit: Die ukrainische Luftabwehr konnte 479 dieser brutalen Drohnen- und Raketenangriffe erfolgreich abfangen. Erst im Nachhinein wurde klar, dass dies ausschließlich durch Patriot-Systeme möglich war. Zum ersten Mal in diesem Freiheitskampf hat Israel aktiv und sichtbar Waffen geliefert – defensive Waffensysteme, die Menschenleben retten und ukrainisches Territorium sichern. Israel hatte seine Patriot-Abwehrsysteme Ende 2024 aus der eigenen militärischen Verteidigung genommen. Nach einer Wartung in den USA, wo sie produziert werden, wurden sie dann an die Ukraine ausgeliefert.
Israel kämpft selbst um seine Sicherheit, und weiß daher, warum die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss.
Ist das nun ein Wendepunkt? In Bezug auf die äußere Sicherheitspolitik ist es das in jedem Fall. Israel hat zwar in den vergangenen drei Jahren keine neutrale Position eingenommen und die Ukraine mit humanitärer sowie geheimdienstlicher Hilfe unterstützt, aber bisher noch keine Waffenlieferungen öffentlich bestätigt.
Warum gerade jetzt? Auch für den Zeitpunkt gibt es eine sicherheitspolitische Erklärung: Die beiden Diktaturen Russland und Iran haben in Syrien nichts mehr zu melden. Die syrischen Rebellen in der Übergangsregierung sind mit Putin und Chamenei fertig. Zwar werden die Russen dort weiterhin eine Form der Militärpräsenz haben, doch nicht mehr in dem Ausmaß der vergangenen zehn Jahre. Sowohl Russland als auch der Iran sind in Syrien nur noch ein Schatten ihrer selbst. Für Israel gibt es Anzeichen der Möglichkeit eines pragmatischen Verhältnisses mit der neuen syrischen Regierung nach dem Ende des Massenmörders Assad.
Diese tektonische Plattenverschiebung im Nahen Osten und der damit verbundene Machtverlust für Russland und Iran haben konkrete Auswirkungen für die Ukraine. Der jüdisch-demokratische Staat hat nicht gezögert, diesen entstandenen Freiraum zur Unterstützung der ukrainischen Verteidigung zu nutzen. Ein Land, das selbst um seine Sicherheit kämpfen muss, und gerade deswegen weiß, warum die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss. Wann lernen auch die Zauderer in Europa das endlich?
Die Autorin ist deutsch-iranische Theaterwissenschaftlerin.