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Rothenburgs jüdische Geschichte ist in Gefahr

Johannes Heil ist Historiker an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Foto: Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg/flohagena

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Rothenburgs jüdische Geschichte ist in Gefahr

In dem bayerischen Ort wurde die mittelalterliche Synagoge freigelegt – und soll nun wieder zugeschüttet werden. Ein skandalöser Umgang mit dem historisch bedeutenden Ort

von Johannes Heil  24.07.2025 11:29 Uhr

Jüngst wurden in Rothenburg ob der Tauber bei Bauarbeiten Fundamente der mittelalterlichen Synagoge freigelegt. Das jüdische »Tanzhaus« ist gar vollständig erhalten. Und was macht man? Eine Notgrabung unterhalb des Radars der Fachwelt, um anschließend alles wieder zuzupflastern, mit dem Grundriss der Synagoge als Farbeinlage. Soll das alles gewesen sein? Ein Blick in die Geschichte hilft zu verstehen, wie unwürdig das für diesen historisch bedeutenden Ort ist.

Die Stauferherrscher bauten Rothenburg seit dem 12. Jahrhundert zur Stadt aus. Hier wie in Nürnberg und den Städten der Wetterau ging es um die Stärkung der Königsmacht gegen die Territorialherren. Teil des Plans war die Ansiedlung von Juden, in Rothenburg stellten sie anfangs wohl ein Viertel der Bevölkerung. Um 1245 ließ sich der Maharam, Rabbi Meir ben Baruch, einer der größten jüdischen Gelehrten des Mittelalters, in der Stadt nieder und zog zahlreiche Schüler an, die später bis nach Spanien wirkten.

Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen einlenken. Zu spät ist es dafür nicht.

Die Stabilität währte nicht lange. Wie so oft davor und danach gerieten die Juden in Krisenzeiten als Minderheit zwischen die Fronten. 1286 wurde Rabbi Meir gewaltsam an der Übersiedlung nach Eretz Israel gehindert, und die Verfolgungen von 1298 und 1348/49 kosteten Hunderte Rothenburger Juden das Leben. Die wenigen Nachkommen wurden in ein städtisches Randgebiet verdrängt, die Synagoge bis 1407 zu einer Marienkapelle umgebaut. Diese Geschichte soll nun buchstäblich wieder zugeschüttet werden.

In Köln geht man anders mit der Vergangenheit um: Als Ergebnis gründlicher Grabungen wird man künftig im Jüdischen Museum das ehemalige jüdische Viertel am Rathaus begehen und mittelalterliche Fundstücke von europäischem Rang bestaunen können. Den Erfurter Judaica hat diese Gründlichkeit jüngst gar den Welterbestatus eingebracht. Man kann nur hoffen, dass man sich in Rothenburg daran doch noch ein Beispiel nimmt – und die Verantwortlichen einlenken. Zu spät ist es dafür nicht.

Der Autor ist Historiker an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, die er bis 2020 leitete.

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