Mona Flaskamp

Rechtsterrorismus und seine Stichwortgeber

Mona Flaskamp Foto: Amin Akhtar

Frankreich hat ein Verbotsverfahren gegen die Identitäre Bewegung (IB) eingeleitet. Die IB hat Ableger in ganz Europa – in Deutschland agiert sie nahezu bundesweit. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft sie als rechtsextrem ein. Dagegen klagt die IB – auch, um einer Überwachung zu entgehen.

Identitäre entsprechen zunächst nicht den Klischeevorstellungen von Rechtsextremen. Nach außen inszenieren sie sich als weltoffen, hip und intellektuell. Ihre ideologische Ausrichtung ist daher nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen – was ihnen hilft, Jugendliche und neue Zielgruppen zu rekrutieren.

ideologie Unter diesem Anstrich verbirgt sich eine moderne Variante völkischer Ideologie: Ihr Ziel ist ein ethnisch und kulturell homogener Staat. Als Teil der Neuen Rechten beziehen auch sie sich auf den »Großen Austausch«, eine Verschwörungserzählung, die einen Geheimplan zum Austausch der Mehrheitsgesellschaft durch muslimische, nicht-weiße Einwanderung unterstellt.

Offene Bezüge zum Nationalsozialismus vermeidet die IB weitestgehend, Antisemitismus kommt in kodierter Form zum Ausdruck.

Offene Bezüge zum Nationalsozialismus vermeidet die IB weitestgehend, Antisemitismus kommt in kodierter Form zum Ausdruck. Deutlich wird jedoch eine Abkehr vom vermeintlichen »Schuldkult« gefordert.

intellektualisierung Mit der Intellektualisierung des Rechtsextremismus will die Bewegung eine Diskursverschiebung erreichen. Doch dabei bleibt es nicht. Zwar beteuert die IB Gewaltlosigkeit, allerdings widerlegen zahlreiche Straftaten von Identitären diese Bekundung. Vielmehr verbreiten ihre 600 Mitglieder in Deutschland eine Ideologie, die zur Legitimation von Gewalt dient. Vieles deutet darauf hin, dass ihre Führung in Kontakt zum Christchurch-Attentäter stand. Eindeutig sind die ideologischen Überschneidungen.

Wenn wir uns ein Jahr nach Hanau fragen, wie rechtsextreme Gewalt verhindert werden kann, müssen wir uns vom Einzeltätermythos verabschieden und die ideologischen Stichwortgeber der Rechtsterroristen in den Blick nehmen. Deutschland sollte dem Vorstoß Frankreichs folgen und ein Vereinsverbot prüfen, um den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und ihre tödlichen Folgen konsequent zu führen.

Die Autorin ist Assistant Director for Political Affairs des American Jewish Committee (AJC) Berlin.

Meinung

Die Gut-Wetter Freunde Israels sind zurück! 

Die Wiederaufnahme der Waffenexporte ist richtig und notwendig. Doch das ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und vieler Juden vorerst verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Meinung

Israel: Keine Demokratie ohne Pressefreiheit

Den Armeesender abschalten? Warum auch jüdische Journalisten in der Diaspora gegen den Plan von Verteidigungsminister Katz protestieren sollten

von Ayala Goldmann  14.11.2025

Meinung

Jason Stanley und der eigentliche Skandal

Ohne mit allen Beteiligten gesprochen zu haben und ohne zu wissen, was wirklich passiert ist, schrieb die deutsche Presse das Ende des jüdisch-liberalen Diskurses herbei. Dabei offenbart sich, wie leichtfüßig Stereotype gefüttert werden

von Daniel Neumann  14.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025