Ich war etwa sechs Jahre alt, als ich in Frankfurt (Oder) meinen ersten Neonazi-Aufmarsch sah. Eben erst aus der Ukraine zugezogen, stand ich am Straßenrand, und hörte sie »Ausländer raus!« schreien. Meine Eltern hatten mir vom Holocaust erzählt – und dass es in Deutschland keine Nazis mehr gäbe. Vergangenheit, sagten sie. An diesem Tag begriff ich: Das stimmte nicht.
Schnell merkte ich, dass »Jude« auf dem Schulhof ein Schimpfwort war. Dass Ausländer oft automatisch als Schuldige galten. Irgendwann schlich sich die AfD in meinen Alltag. Zuerst unauffällig – bis Mitschüler bei PEGIDA mitliefen und ihre menschenverachtenden Parolen im Politikunterricht plötzlich wie normale, legitime Meinungen behandelt wurden. Lange hieß es noch, AfD-Wähler*innen seien nur
»besorgte Bürger«.
Seit 2020 stand der Brandenburger AfD-Landesverband unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Nun – im August 2025 – kam die offizielle Einstufung: gesichert rechtsextrem. 140 Seiten Gutachten belegen die verfassungsfeindlichen, menschenverachtenden Positionen. Überraschend? Nein.
Erstaunlich finde ich eher Jüdinnen und Juden, die AfD wählen oder bei »Juden in der AfD« aktiv sind – und antisemitische Entgleisungen übersehen in der Illusion, geschützt zu werden. Die AfD mag keine Juden – nur solche, die sie als Feigenblatt nutzen kann, um Rassismus und Muslimfeindlichkeit zu legitimieren.
Was ich aus meiner Kindheit mitnahm, war ein Bild: Fast alle schauten damals nur zu. Nur einer warf einen Schneeball – ein stilles »Ich bin nicht einverstanden«. Jahre später war ich es, die »Heuchler!« rief, als eine AfD-Vertreterin bei einer NS-Gedenkfeier einen Kranz niederlegte.
Rechtsextreme müssen spüren: Wir sehen euch, wir widersprechen – und wir werden euch nicht gewähren lassen.
Die Autorin ist angehende Lehrerin und Aktivistin.