Heike Kleffner

Neun Punkte reichen nicht

Heike Kleffner, Journalistin und Geschäftsführerin des Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt Foto: Christian Ditsch/version-foto.de

Es waren lediglich glückliche Zufälle, die vor wenigen Wochen in Halle ein ähnliches Massaker wie 2011 im schwedischen Utoya, 2018 in Pittsburgh oder 2019 im neuseeländischen Christchurch verhinderten. Doch mischt sich in die Erleichterung große Sorge: dass nämlich die tödliche Dimension von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus von den deutschen Sicherheitsbehörden nach wie vor nicht ernst genug genommen wird. Gegen hochgefährliche bundesweite Neonazi-Netzwerke wie etwa Combat 18 wird kaum vorgegangen.

Bundespläne sind gut, aber die Länderbehörden müssen besser ausgestattet werden.

Das jüngste »9-Punkte-Maßnahmenpaket« der Bundesregierung sieht zwar vor, dass Plattformen wie Facebook oder Twitter Fälle von Volksverhetzung und Ähnliches melden müssen. Ebenso sollen die privaten Meldedaten von Menschen, die von solchen Mordaufrufen bedroht sind, besser geschützt werden. All das ist richtig, und auch ein konsequentes Waffenscheinverbot für Verfassungsfeinde ist sinnvoll, wie auch eine bessere Finanzierung von zivilgesellschaftlichen Projekten gegen rechts.

EINZELTATEN Doch daran, dass jedes Jahr Tausende Strafanzeigen wegen Hass im Netz im Sande verlaufen, ändert der Plan der Bundesregierung erst einmal nichts, solange die zuständigen Ermittlungsbehörden der Länder nicht adäquat ausgestattet werden. Und auch, dass beispielsweise mehr als drei Jahre, nachdem 250 bewaffnete Neonazis den Leipziger Stadtteil Connewitz überfielen, weniger als die Hälfte aller Tatbeteiligten vor Gericht steht, bleibt bis auf Weiteres Normalität. Oder auch daran, dass, wie in Berlin-Neukölln, rechtsterroristische Anschlagsserien schlicht als Einzeltaten gelten, wird sich nichts ändern.

Nichts gegen den »9-Punkte-Plan« der Bundesregierung. Aber solange nicht wesentlich mehr passiert, bleiben die Angegriffenen entmutigt und vom Staat alleingelassen.

Die Autorin ist Journalistin und Geschäftsführerin des Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025