Tobias Kühn

Messt sie an ihren Leistungen!

Tobias Kühn Foto: Stephan Pramme

Tobias Kühn

Messt sie an ihren Leistungen!

Die Herkunft ist nicht entscheidend dafür, dass Menschen ihre Ämter gut ausfüllen

 26.01.2021 12:08 Uhr

Dieser Tage nimmt die neue amerikanische Regierung unter Präsident Joe Biden ihre Arbeit auf. Der neue Außenminister, Antony Blinken, ist jüdisch, ebenso seine Kollegen Janet Yellen (Finanzen), Merrick Garland (Justiz), Alejandro Mayorkas (Heimatschutz) sowie einige stellvertretende Minister und Leiter von Bundesbehörden wie CIA-Vizechef David Cohen oder Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines.

Noch nie sei ein amerikanisches Kabinett so jüdisch gewesen, berichteten jüdische Medien weltweit voller Freude. Auch diese Zeitung machte auf einer Seite damit auf.

jubel Der Jubel ist durchaus nachzuvollziehen. Auch »Vatican News« frohlockte darüber, dass mit Joe Biden zum zweiten Mal in der Geschichte ein Katholik Präsident der Vereinigten Staaten wird – und das, obwohl es weltweit mehr als 1,3 Milliarden Katholiken gibt. Wie viel mehr freut sich dann erst ein kleines Volk wie das jüdische, wenn es die eigenen Leute an die Spitze des mächtigsten Landes der Welt schaffen.

Noch nie sei ein amerikanisches Kabinett so jüdisch gewesen, berichteten jüdische Medien weltweit voller Freude. Auch diese Zeitung.

Jüdische Medien sowie Gemeindemitglieder (und selbst nichtjüdische Redakteure, die schon länger bei einer jüdischen Zeitung arbeiten) neigen dazu, jeden jüdischen Experten, Minister oder Staatssekretär sogleich ins Blatt zu hieven.

VORSCHUSSLORBEEREN Doch ist die Herkunft entscheidend dafür, dass sie ihre Ämter gut ausfüllen? Sollte man nicht abwarten und die neuen Männer und Frauen, auch die in Washington, nach einigen Jahren im Amt an ihren Leistungen messen, statt sie mit Vorschusslorbeeren zu überschütten, nur weil sie jüdisch sind, katholisch, transsexuell oder schwarz, wie einst Barack Obama?

Die Vorgängerregierung hat den neuen Ministern in etlichen Bereichen kein leichtes Erbe hinterlassen. Um in ihrem Amt zu brillieren und dem Land gut zu dienen, wie sie bei ihrer Vereidigung schwören, werden ihnen ihre Harvard-Abschlüsse und jahrzehntelange Berufserfahrung in Top-Positionen mehr helfen als die Tatsache, Söhne und Töchter jüdischer Eltern zu sein.

kuehn@juedische-allgemeine.de

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025

Meinung

Die Abkehr des Kanzlers von der Staatsräson: Kein Grund zur Trauer

Der von Altkanzlerin Angela Merkel geprägte Begriff war schon immer vage. Es ist auch wesentlich leichter, wohlklingende Erklärungen abzugeben, als danach zu handeln. Friedrich Merz sollte endlich Taten folgen lassen

von Daniel Neumann  22.10.2025

Meinung

Warum ich Angst vor der politischen Linken habe

Dass Links bedeutet, sich für mit sozialem Gewissen für die Schwachen einzusetzen, gehört längst der Vergangenheit an

von Michel Ronen  20.10.2025