Boris Moshkovits

Meet a Jew: Dialog braucht Partner

Boris Moshkovits Foto: Jenny Posener

Boris Moshkovits

Meet a Jew: Dialog braucht Partner

Die Auszeichnung mit der Hermann-Maas-Medaille 2022 ebenso richtig wie wichtig ist

von Boris Moshkovits  17.01.2022 16:11 Uhr Aktualisiert

Braucht es einen Preis, um die Begegnung mit Juden in Deutschland auszuzeichnen? Die Chancen, Juden in Deutschland überhaupt zu begegnen, sind nicht sehr hoch, besonders angesichts der Tatsache, dass rund 95.000 Mitglieder in deutschen Gemeinden registriert sind und nur geschätzte 200.000 Juden insgesamt in Deutschland leben.

Genau diesem Anliegen widmet sich »Meet a Jew«. Initiiert vom Zentralrat der Juden, aus dem Zusammenschluss der beiden Vorgängerprojekte »Rent a Jew« (Europäische Janusz Korzak Akademie und Nevatim Jewish Agency) und »Likrat – Jugend & Dialog«, begann das Projekt, an Schulen, in Sportvereinen und anderen öffentlichen Einrichtungen Treffen mit Juden und Jüdinnen anzubieten.

BEGEGNUNG »Mit dem Namenswechsel trat das Wesentliche des Projekts in den Vordergrund: die Begegnung. Ich kann mich gut an eine Begegnung Mitte der 90er-Jahre in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin erinnern, in der mir von einer christlichen Besuchergruppe gesagt wurde, wir sähen gar nicht »jüdisch« aus.«

Diesen und weiteren Vorurteilen stellen sich die Teilnehmer von »Meet a Jew«. Doch nun werden nicht sie besucht – sie suchen ihr Gegenüber auf. Ohne einen Gesprächspartner ist Dialog eben nicht möglich. Deshalb ist die Auszeichnung mit der Hermann-Maas-Medaille 2022 richtig.

Es geht nicht nur um das Sich-selbst-Erklären – vielmehr um ein gegenseitiges Aufklären über Perspektiven, Gefühle und Chancen eines pluralen Lebens in Deutschland.

Wichtig wäre solch eine Anerkennung aber auch von muslimischer Seite. Denn bei den Besuchen in urbanen Ballungsgebieten geht es auch um die muslimischen Schüler, die teils sehr ausgeprägte antisemitische Vorstellungen haben und ihren Israelhass in die Gesellschaft einbringen. Diesem Gift zu begegnen und sich nicht zu verstecken, zeichnet »Meet a Jew« aus. Trotz täglicher Bedrohung und Anfeindung gehen die jungen Teilnehmer aufgeschlossen und gut vorbereitet in die Gespräche.

miteinander Die Erfahrungen sind zum großen Teil positiv. Das menschliche Miteinander, die Möglichkeit, offen Fragen zu stellen und ehrlich Ängste zu äußern, bringt die Teilnehmer enger zusammen. Selbst bei konfrontativen Begegnungen gibt es somit einen Rahmen. Es geht nicht nur um das Sich-selbst-Erklären – vielmehr um ein gegenseitiges Aufklären über Perspektiven, Gefühle und Chancen eines pluralen Lebens in Deutschland.

Selbst wenn die historische Dimension der Verfolgungen des Zweiten Weltkrieges mitschwingt und auch der Nahostkonflikt im Raum steht, zählt am Ende: Was sehen wir, wenn wir dem anderen in die Augen schauen?

Der Autor ist Publizist und lebt in Berlin.

Hinweis in eigener Sache: Das Vorgängerprojekt »Rent a Jew« war 2015 von der Europäischen Janusz Korczak Akademie (EJKA) und der Nevatim Jewish Agency initiiert worden.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025