Lisa Badum

Jung, naiv und im luftleeren Raum

Im Interview bestärken sich Tilo Jung und sein Gast Muriel Asseburg gegenseitig in ihrer Schwarz-Weiß-Sicht auf den Nahostkonflikt

von Lisa Badum  06.07.2023 08:50 Uhr

Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne) Foto: Thomas Trutschel/photothek.de

Im Interview bestärken sich Tilo Jung und sein Gast Muriel Asseburg gegenseitig in ihrer Schwarz-Weiß-Sicht auf den Nahostkonflikt

von Lisa Badum  06.07.2023 08:50 Uhr

Beim Online-Interviewformat Jung & Naiv konnten die Hörer vergangene Woche erleben, wie sich der Moderator Tilo Jung und sein Gast Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik gegenseitig in ihrer Schwarz-Weiß-Sicht auf den Nahostkonflikt bestätigten.

Für Asseburg ist die Lage einfach: Es gibt auf der einen Seite die Besetzten, das sind die Palästinenser. Auf der anderen Seite steht Israel, der Besatzer. Fassungslos geben sich Asseburg und Jung angesichts ihres Fantasiegebildes, Deutschland »stütze« kritiklos die Besatzer. Das wäre doch so, als wenn man an der Seite Russlands im Ukraine-Konflikt stünde, glaubt Jung.

konflikt Der ganze Konflikt findet für die beiden in einem luftleeren Raum statt. Dass Israel seit 75 Jahren um sein Existenzrecht kämpft? Wie sich Terroropfer fühlen müssen? Diese Fragen werden nicht gestellt.

Zwei Deutsche sinnieren aus bequemer Entfernung darüber, welche Verteidigung Israel gestattet ist und welche nicht.

Natürlich wurden in dem Gespräch auch richtige Punkte angesprochen: So etwa die problematische Beziehung der aktuellen Regierung zu den Siedlern. Aber all das tritt leider in den Hintergrund, wenn zwei Deutsche aus bequemer Entfernung darüber sinnieren, welche Verteidigung Israel nun gestattet sei und welche nicht. So sei die Raketenabwehr laut Asseburg in Ordnung, U-Boote hingegen nicht.

finale Das traurige Finale erreicht die Sendung, als Asseburg behauptet, »wir« hätten die israelische Regierung zum »Schiedsrichter« darüber gemacht, »ob wir denn sinnvoll mit unserer Vergangenheit umgehen, ob wir geläutert sind, ob wir genug gesühnt haben«. Dieses deutsche Volks-Wir kennt keine jüdischen Deutschen und nimmt die gleiche Perspektive ein wie Kunzelmanns »Judenknacks« oder Walsers »Moralkeule Auschwitz«.

Da ist er wieder, der Wunsch nach dem Schlussstrich. Und offenbar kann man sich Abgeordnete nur als Marionetten vorstellen, die 2019 im Bundestag die BDS-Bewegung deshalb als antisemitisch verurteilt haben, weil sie von der israelischen Regierung »gelenkt« werden. Doch genau, um solchen Narrativen etwas entgegenzusetzen, habe ich damals für diesen Beschluss gestimmt.

Die Autorin ist Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen.

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