Sabine Brandes

Israel nach der Wahl: Chelmer Verhältnisse

Sabine Brandes Foto: privat

Sabine Brandes

Israel nach der Wahl: Chelmer Verhältnisse

Sollte es wieder keine regierungsfähige Koalition geben, müssten die Israelis im Sommer erneut wählen

von Sabine Brandes  06.04.2021 08:43 Uhr

Drei streiten um den Chefsessel, zwei trauen sich plötzlich nicht mehr, ihre Meinung zu sagen, und einer empfiehlt sich selbst als Premier, obwohl er nicht einmal sechs Prozent der Stimmen hat. Der Chef von allen sitzt am selben Tag wegen Korruption auf der Anklagebank in der Stadt, in der alles geschieht. Regierungsbildung in Israel.

Zum vierten Mal in weniger als zwei Jahren und mitten in einer Pandemie mussten die Israelis an die Urnen gehen, um anschließend von Dienern des Volkes dies serviert zu bekommen: leere Versprechen, Geschacher um Posten und Positionen, reinen Egoismus. Sollte es wieder keine regierungsfähige Koalition geben, müssten die Israelis im Sommer erneut wählen. Dann zum fünften Mal.

Schon wenige Tage nach der Stimmenauszählung ging es hauptsächlich darum, die Pfründen zu sichern.

Am Ergebnis würde auch das wahrscheinlich nichts ändern. Die jetzigen Machthaber, zutiefst zerstritten, dürften dann als Interimsregierung weitermachen. Völlig gelähmt und unfähig, Entscheidungen zu treffen. Das mag vielleicht den Politikern zugutekommen, die sich etwas länger in ihren gepolsterten Sesseln zurücklehnen können. Das Land und seine Bewohner aber wird es teuer zu stehen kommen. Besonders in einer Zeit, in der Israel eine funktionierende Regierung dringend braucht.

PATT Dabei hatten die Parteien so viel versprochen: Sie wollten das Land retten, Netanjahus »Personenkult« beenden oder in jedem Fall Neuwahlen verhindern. Alles für das Wohl des Staates. Doch schon wenige Tage nach der Auszählung war jedes Wort vergessen. Und wieder ging es hauptsächlich darum, die Pfründen zu sichern.

Dabei war das Ergebnis lange vor der Wahl klar: Pattsituation. Man hätte meinen können, dass sich die mit allen Wassern gewaschenen Profis darauf vorbereiten. Doch in Chelm macht man wohl keine Pläne. Und dabei sind wir gar nicht in dem Städtchen der jüdischen Märchen voll weiser Narren, sondern mitten in Jerusalem mit seinen gewieften Politikern. Dies ist die Wirklichkeit auf dem politischen Parkett Israels. Und die lässt niemanden mehr weise aussehen.

redaktion@juedische-allgemeine.de

Meinung

Es geht um mehr als Deeskalation oder »Drecksarbeit«

In der deutschen Debatte um Israels Luftschläge gegen das Teheraner Regime wird das entscheidende ausgeklammert: die seit langem völlig verfehlte deutsche Iranpolitik

von Constantin Ganß  20.06.2025

Meinung

Israel hat eine historische Chance auf Frieden

Nach den militärischen Erfolgen der vergangenen 20 Monate hat der jüdische Staat keinen Feind mehr, der seine Existenz ernsthaft bedrohen könnte. Nun ist die Zeit für Diplomatie gekommen

von Joshua Schultheis  19.06.2025

Essay

Es geschah an einem 23. Siwan

Eine Betrachtung zu einem historischen Datum in der jüdischen Geschichte und dem Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen

von Jacques Abramowicz  19.06.2025

Kommentar

Der Öl-Preis muss fallen, damit die Mullahs stürzen

Wenn der Preis für Rohöl auf unter 10 US-Dollar fällt, gehen die Saudis nicht pleite, aber der Revolutionsführer Chamenei sehr wohl. Putin übrigens auch.

von Saba Farzan  17.06.2025

Kommentar

Der »Spiegel«, Israel und das Völkerrecht

Deutschland dürfe »nicht erneut« zu Israels Angriffen schweigen, fordert Thore Schröder in einem Artikel. Wenn es um den jüdischen Staat geht, hat Realitätsverweigerung bei dem Hamburger Magazin System

von Ralf Balke  17.06.2025

Meinung

Die »Staatsräson« mit neuem Leben füllen

Umfragen zeigen, dass Israel hierzulande alles andere als beliebt ist. Dabei sollte allen Deutschen das Schicksal des jüdischen Staates am Herzen liegen - gerade angesichts der Bedrohung aus dem Iran

von Nikolas Lelle  16.06.2025

Iman Sefati

Warum viele Exil-Iraner Israel dankbar sind

»Viele Exil-Iraner sehen in diesen Angriffen nicht Krieg, sondern Hoffnung«, schreibt der Autor

von Iman Sefati  15.06.2025

Meinung

Israel verteidigt sich – und schützt die Region

Warum der Angriff auf iranische Atomanlagen notwendig war – und was Europa daraus lernen muss

von Carsten Ovens  15.06.2025

Manifest zur Außenpolitik

Gilt das Versprechen der SPD auch für ukrainische Kinder?

Unser Gastautor wurde in der Ukraine geboren und ist Jude. Seit vielen Jahren ist er SPD-Mitglied. Das neue Manifest einiger Altvorderer zur Außenpolitik macht ihn wütend

von Igor Matviyets  13.06.2025