Barbara Honigmann

Gefahr in gelben Westen

Barbara Honigmann Foto: Sabina Paries

Barbara Honigmann

Gefahr in gelben Westen

Warum die Protestbewegung in Frankreich Grund zur Sorge ist

von Barbara Honigmann  13.12.2018 10:36 Uhr

Weite Teile Frankreichs werden aktuell von einer sehr eigentümlichen Protestbewegung erschüttert, deren Aktivisten gelbe Westen tragen. Sie sind so präsent und militant, dass der Staatspräsident ihnen schon Zugeständnisse machte. Das bereitet mir gewisse Sorgen.

Es ist eine Unzufriedenheit mit »denen da oben«, das die Bewegung trägt: Land gegen Stadt, Provinz gegen Europa, eher bildungsferne Schichten gegen zum Schimpfwort avancierte »Eliten«; ich weiß nicht, was an Eliten so schrecklich sein soll. Wer genau hinschaut, sieht, dass es eine sehr weiße Bewegung ist. Die Gelbwesten haben nichts mit den jungen Migranten zu tun, die oft die Banlieues in Brand setzen. Die Gelbwesten leben eher in der péri-urbaine, den Orten, die Städten vorgelagert sind.

PROGRAMM Es ging in gewisser Weise unpolitisch los: Unmut über Benzinpreise, Unzufriedenheit mit einer Pariser Arroganz, Angst, abgehängt zu werden, und ein merkwürdiger Hass auf den Staatspräsidenten Emmanuel Macron – und all das vorgetragen mit einer in Frankreich sehr verbreiteten Militanz.

Frankreichs extreme Rechte und extreme Linke versuchen, diese Bewegung zu vereinnahmen.

Als der Premierminister recht früh Vertreter der Gelbwesten einladen wollte, stellte sich heraus, dass dies eine Bewegung ohne Sprecher war, ohne Programm, ohne benennbare Forderungen, erst recht ohne Theorie und ohne Dialogfähigkeit.

ÜBERGRIFFE Frankreichs extreme Rechte und extreme Linke versuchen derzeit beide, diese Bewegung zu vereinnahmen: Marine Le Pen vom Rassemblement National und Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise sind beide auf diesen Zug aufgesprungen. Auch der mehrfach verurteilte antisemitische Comedian Dieudonné hat sich bereits mit gelber Weste fotografieren lassen.

Von Übergriffen auf Schwule wurde berichtet, eine schwarze Frau wurde von Gelbwesten rassistisch angegriffen. Das sind Hinweise darauf, warum die Bewegung mir und vielen meiner jüdischen Freunde große Sorge macht. Wenn das Volk in Rage gerät, ist ein Pogrom oft nicht weit. Es gibt leider gute Gründe zur Sorge.

Die Autorin lebt als Schriftstellerin in Straßburg.

 

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

Nahost

Warum Deutschland seine Botschaft nach Jerusalem verlegen sollte

Ein Kommentar von JA-Redakteur Imanuel Marcus

von Imanuel Marcus  21.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Meinung

Unsere Antwort ist Leben!

Chanukka ist das beharrliche Bestehen darauf, dass Mord und Terror nicht das letzte Wort haben. Ein Kommentar zum Terroranschlag von Sydney

von Jan Feldmann  18.12.2025

Meinung

Warum ich Sydney nicht verlassen werde

Der Terroranschlag von Bondi Beach wurde auch möglich, weil die Mehrheitsgesellschaft den Antisemitismus im Land ignoriert hat. Unsere Autorin sagt trotzdem: Ihre Heimat als Jüdin ist und bleibt Australien

von Amie Liebowitz  17.12.2025