Norbert Reichel

Gefährliche Mischungen

Norbert Reichel

Gefährliche Mischungen

Die Einteilung der »politisch motivierten Kriminalität« von 2001 eignet sich wenig, Antisemitismus zu bekämpfen

von Norbert Reichel  03.09.2021 13:56 Uhr

Politisch motivierte Kriminalität» (PMK) erfassen die Länder-Innenminister seit Mai 2001 in den Kategorien «Rechts», «Links», «Religiöse Ideologie», «Ausländische Ideologie» und «nicht zuzuordnen». Bundesinnenminister Seehofer überraschte bei der Vorstellung des Berichts für das Jahr 2020 mit dem Satz, dass Rechtsextremismus «weiterhin die größte Bedrohung für die Sicherheit in unserem Land» ist. Stimmt, aber was ist mit den anderen Kategorien?

Unter «religiös» werden diverse islamistische Akteure vom «Islamischen Staat» bis zu den Taliban verzeichnet, unter «ausländisch» innertürkische Konflikte. Die Statistiken verzeichnen Propagandadelikte, Beleidigungen, Volksverhetzung, Körperverletzungen, Mordanschläge, Hasskriminalität, differenziert nach Opfergruppen.

DUNKEFELD Ich vermisse drei Inhalte: eine Reflexion des Dunkelfelds nicht angezeigter Delikte, ein nachvollziehbares Verständnis von Antisemitismus (und Antiziganismus), eine intersektionelle Sicht. Antisemitismus gibt es rechts, links, bei Christen, bei Muslimen und – wie die aktuelle Bielefelder Mitte-Studie erneut beweist – in der «Mitte». Gerade beim israelbezogenen Antisemitismus gibt es gefährliche Mischungen. Fatal ist das Wuppertaler Urteil, das den Anschlag auf die Synagoge nicht als antisemitisch erkennen wollte – er sei antiisraelisch motiviert.

Fatal ist das Wuppertaler Urteil, das den Anschlag auf die Synagoge nicht als antisemitisch erkennen wollte.

Das Innenministerium Nordrhein-Westfalen (NRW) stellte Anfang August für die Zeit vom 10. bis zum 21. Mai «90 mutmaßlich antisemitische bzw. antiisraelische Sachverhalte» fest, doch habe sich nur bei 60 der «Verdacht einer antisemitischen Motivationslage erhärtet». Und was ist mit BDS?

Die Einteilung der PMK von 2001 eignet sich wenig, Antisemitismus zu bekämpfen. Hilfreich wäre eine Aktualisierung, möglichst unter Beteiligung der jüdischen Gemeinden, die über die Bedrohungslage Auskunft geben können. Betroffene erleben «religiös» und «ausländisch» konnotierte Bedrohungslagen anders als die Mehrheitsgesellschaft – wie wissenschaftliche Studien zeigen.

Der Autor ist Herausgeber des Internetmagazins «Demokratischer Salon» in Bonn.

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025