Es scheint, dass einige Politiker - ich spreche nicht von Intellektuellen oder Künstlern - nicht wissen, was in ihrem Land vor sich geht. In aller Bescheidenheit möchte ich sie darüber aufklären.
Seit dem Jahr 2000 sind die französischen Juden mit einem Wiederaufleben des gewalttätigen Antisemitismus konfrontiert: 16 Tote und so viele Verletzte; geschändete Synagogen, Schulen, Friedhöfe und Gedenkstätten - wie erst vergangene Woche die in Villeurbanne; fast keine jüdischen Kinder mehr an öffentlichen Schulen; auf Demonstrationen und an Häuserwänden »Tod den Juden«-Parolen. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Seit dem 7. Oktober 2023 vergeht kein Tag, an dem nicht Vorfälle dieser Art zu beklagen sind. Die Zahl antisemitischer Übergriffe ist explosionsartig angestiegen. Aber die tatsächliche Zahl dürfte noch höher liegen, da viele aus Angst vermutlich gar nicht erst Anzeige erstatten.
Neu erfundene Form des Antisemitismus
Manchmal wird das Wort »Jude« durch »Zionist« ersetzt. Aber war es nicht der Präsident dieser Republik, der am 16. Juli 2017 vor dem israelischen Premierminister erklärte: »Wir werden dem Antizionismus, der eine neu erfundene Form des Antisemitismus ist, nicht nachgeben«?
Durch seine antiisraelischen Äußerungen - die erste gegenüber der BBC am Vorabend des Marsches »Für die Republik und gegen Antisemitismus«, zu dem er sich am 12. November 2023 nicht herabgelassen hat - ist Emmanuel Macron zum Verbündeten der Islamisten und ihrer linken Mitläufer geworden, die ungestraft Hassreden halten und einige dazu ermutigen, zur Tat zu schreiten.
Frankreichs Juden sind verunsichert und voller Angst.
Abgesehen von einigen Ausnahmen, die bereit sind, Petitionen zu unterschreiben oder Erklärungen abzugeben, um zu gefallen, sind die Juden Frankreichs von ihren politischen Vertretern verunsichert und voller Angst. Sie glauben nicht mehr an Tweets mit schönen Floskeln.
Seit 2000 haben 72.000 Juden Frankreich verlassen und sind nach Israel ausgewandert, davon mehr als 3000 seit dem 7. Oktober 2023.
Bereits im Jahr 2004 schloss der damalige Präsident des FSJU (Vereinigter Jüdischer Sozialfonds) und des Europäischen Jüdischen Kongresses, Pierre Besnainou, einen vielbeachteten Artikel über die Zukunft der Juden in Europa mit den Worten »Game over«. Ja, das Spiel ist aus!
Der Autor ist Journalist und Buchautor. Fast 20 Jahre lang war er Geschäftsführer des CRIF, des Dachverbands der französischen jüdischen Organisationen.