Frederik Schindler

Focus, Rundschau und der »ewige Jude«

Frederik Schindler Foto: Kim C. Zeuner

Zu den Parlamentswahlen in Israel titelte die Frankfurter Rundschau (FR) »Der ewige Netanjahu«, der Focus überschrieb einen Artikel mit »Der ewige Premier«. Es wäre unfair, den Kollegen eine absichtsvolle Anspielung auf den nationalsozialistischen Propagandafilm »Der ewige Jude« zu unterstellen.

Dass diese Zeilen so abgedruckt werden konnten, ist jedoch mehr als eine bloß harmlose Gedankenlosigkeit. Denn zumindest für diejenigen, die sich mit Antisemitismus und Nationalsozialismus beschäftigen, liegt diese Assoziation sehr nahe. Für Politikredakteure sollte es selbstverständlich sein, solche Zeilen gar nicht erst in Erwägung zu ziehen.


UNBEWUSST Umso peinlicher ist es, dass die vom Unbewussten an die Oberfläche gespülte antisemitische Verknüpfung in der Redaktion niemandem aufgefallen ist, bevor sie tausendfach aus der Druckmaschine kam. Skandalös am FR-Artikel ist zudem längst nicht nur die Headline.

Es ist an Peinlichkeit schwer zu überbieten, dass die antisemitische Verknüpfung in der Redaktion niemandem aufgefallen ist.

»Einen kostenfreien Persilschein werden ihm seine ›natürlichen‹ Partner von ultrarechts, sozial rechts und ultraorthodox nicht aushändigen«, heißt es in dem Artikel zu den Korruptionsvorwürfen gegen Netanjahu. Der Begriff »Persilschein« wird zwar heute auch für andere Kontexte verwendet, wurde jedoch in der Nachkriegszeit für die »Reinwaschung« von nationalsozialistischen Tätern popularisiert.

Später fabuliert die Autorin von »Groß-Israel-Protagonisten« in Netanjahus Likud. Der Wunsch nach einem »Groß-Israel« ist eher aus allerlei Verschwörungsideologien bekannt, als ein tatsächliches Ziel relevanter Akteure. Israel ist übrigens so groß wie Hessen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

DEMOKRATIE Zurück zum »ewigen Netanjahu«. Selbstverständlich gibt es gute Argumente dagegen, dass sich ein Regierungsoberhaupt allzu lange halten kann. Ausgerechnet in Medien aus einem Land, in der seit 1949 gerade einmal das neunte Regierungsoberhaupt an der Macht ist, wirkt diese Kritik allerdings etwas absurd. Zudem ist Israel entgegen aller Verleumdungen eine pluralistische Demokratie mit freien Wahlen.

Umso dringender wäre hier der Blick auf all jene arabische Autokratien, Despotien und Diktaturen rund um Israel zu richten, in denen es diese freien und demokratischen Wahlen nicht gibt. Ein Beispiel: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas befindet sich aktuell im fünfzehnten Jahr seiner vierjährigen Amtszeit.

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, auch wenn es sich bei der Hamas um skrupellose, abgrundtief böse Terroristen handelt

von Nils Kottmann  08.05.2025

Kommentar

Ulrike Eifler, die Linkspartei und die Auslöschung Israels

Ein hochrangiges Mitglied der Partei delegitimiert auf X Israel. Die Linke muss sich klar davon distanzieren, wenn sie glaubwürdig für Menschenrechte eintreten will

von Andreas Büttner  08.05.2025

Kommentar

Der Ukraine-Krieg überlagert die Pluralität der Erinnerungen

Die Auffassung, dass jeder nach seiner Fasson dem Zweiten Weltkrieg gedenkt, wurde durch Russlands Einmarsch in die Ukraine zerstört. Lenin- und Roter Stern-Orden jüdischer Veteranen und Veteraninnen und ihre »hundert Gramm« in Erinnerung an die gefallenen Kameraden wirken deplatziert

von Dmitrij Belkin  08.05.2025

Kommentar

Mit aller gebotenen Härte

Ein AfD-Verbotsverfahren ist nach der Verfassungsschutz-Einschätzung der Partei als rechtsextremistisch dringlicher denn je

von Philipp Peyman Engel  07.05.2025

Meinung

Null Toleranz für Gewaltaufrufe

Ein Großereignis wie der Eurovision Song Contest darf keine Sicherheitslöcher zulassen, findet unsere Schweiz-Redakteurin Nicole Dreyfus

von Nicole Dreyfus  07.05.2025

Kommentar

Nur zweite Wahl?

Man muss den neuen Kanzler nicht mögen. Aber eine Chance geben sollte man ihm schon. Mit Heckenschützenmentalität und verantwortungsloser Lust am Zündeln haben einige Parlamentarier mutwillig den guten Ruf unseres Landes aufs Spiel gesetzt

von Michael Thaidigsmann  06.05.2025

Essay

Bitburg 1985: Plötzlich waren wieder die Juden schuld

Maram Stern über eine Zeit, als in Deutschland schon einmal versucht wurde, einen Schlussstrich zu ziehen

von Maram Stern  06.05.2025

Kommentar

Springt über euren Schatten!

Friedrich Merz ist schwer angezählt. Trotzdem sollten sich im zweiten Wahlgang alle Abgeordneten einen Ruck geben und ihn zum Kanzler wählen. Es geht um die Demokratie

von Michael Thaidigsmann  06.05.2025

Meinung

Völlig untragbar!

Die übermäßige Bevorzugung der Charedim ist eine Gefahr für Wohlstand und Wohlbefinden im jüdischen Staat

von Sabine Brandes  06.05.2025