Reinhard Schramm

FDP: Distanzlos in Thüringen

Reinhard Schramm, Jahrgang 1944, ist Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Foto: IMAGO/ari

Reinhard Schramm

FDP: Distanzlos in Thüringen

Thomas Kemmerich unterstützt mit seiner Haltung eine »Normalisierung« der AfD – und das, obwohl diese alles andere als normal ist

von Reinhard Schramm  10.08.2023 09:22 Uhr

Die FDP Thüringen hat zwei prominente Politiker, den Landesvorsitzenden und Kurzzeitministerpräsidenten von 2020, Thomas Kemmerich, sowie den Oberbürgermeister von Jena, Thomas Nitzsche. Die Zusammenarbeit der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen mit Nitzsche ist konstruktiv und freundschaftlich.

Der Kontakt zu Kemmerich dagegen hat nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten im Februar 2020 arg gelitten. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete diese als »unverzeihlich«. Zu Recht, denn ohne die Stimmen der AfD hätte er keine Chance gehabt, Amtsinhaber Bodo Ramelow zu übertrumpfen. Kemmerich agierte so, obwohl er ganz genau wusste, dass die AfD in Thüringen rechtsextremistisch ist.

wahlziel Im Sommerinterview nannte Kemmerich nun eine »Deutschland-Koalition« von CDU, FDP und SPD das Wahlziel. Die AfD schloss er von diesem Bündnis zwar ausdrücklich aus, wohl aber würde er sie erneut als Stimmenlieferant einer Minderheitsregierung akzeptieren. Sieht so eine Verurteilung der AfD als rechtsextremistisch und demokratiefeindlich aus? Definitiv nicht!

Kemmerichs Distanz zur AfD ist kaum vorhanden, von einer Wehrhaftigkeit gegen die Rechtsextremisten ganz zu schweigen.

Kemmerichs Distanz zur AfD ist kaum vorhanden, von einer Wehrhaftigkeit gegen die Rechtsextremisten ganz zu schweigen. Er unterstützt mit seiner Haltung eine »Normalisierung« der AfD – und das, obwohl diese alles andere als normal ist. Kemmerich steht damit auch ganz klar im Widerspruch zu seinem Parteichef. Denn auch Christian Lindner fordert Wehrhaftigkeit bei der Verteidigung der Demokratie ein.

In der Geschichte der FDP mangelt es gewiss nicht an Beispielen für die Wehrhaftigkeit der deutschen Liberalen. Angefangen von Gerhart Baum über Mehmet Daimagüler, Hildegard Hamm-Brücher, Burkhart Hirsch, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und selbstverständlich Ignatz Bubis sind viele Namen zu nennen. Hinzu kommt: Der Wiedereinzug der FDP bei den Landtagswahlen 2024 könnte zur Schwächung der AfD beitragen. Aber ist die Partei mit Kemmerich an der Spitze auch wirklich dafür bereit?

Der Autor ist Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025

Meinung

Die Abkehr des Kanzlers von der Staatsräson: Kein Grund zur Trauer

Der von Altkanzlerin Angela Merkel geprägte Begriff war schon immer vage. Es ist auch wesentlich leichter, wohlklingende Erklärungen abzugeben, als danach zu handeln. Friedrich Merz sollte endlich Taten folgen lassen

von Daniel Neumann  22.10.2025

Meinung

Warum ich Angst vor der politischen Linken habe

Dass Links bedeutet, sich für mit sozialem Gewissen für die Schwachen einzusetzen, gehört längst der Vergangenheit an

von Michel Ronen  20.10.2025

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts

von Nicole Dreyfus  17.10.2025

Meinung

Wenn plötzlich vom »Geiselaustausch« die Rede ist

Die Berichterstattung vieler Medien über den Gaza-Deal zeigt einmal mehr, was passiert, wenn journalistische Maßstäbe missachtet werden

von Jacques Abramowicz  17.10.2025

Meinung

Amichai Chikli: Ein Minister gegen die Diaspora

Statt die Beziehungen zu den Juden außerhalb Israels zu pflegen, gefährdet der Diasporaminister diese. Jüngstes Beispiel: Auf Einladung des Likud-Politikers besucht derzeit der britische Rechtsextremist Tommy Robinson den jüdischen Staat

von Ruben Gerczikow  16.10.2025

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025