Meinung

Ein Waffenstillstand ohne Sieger

Nicole Dreyfus Foto: Claudia Reinert

Meinung

Ein Waffenstillstand ohne Sieger

Nicole Dreyfus wägt Chancen und Risiken des sich abzeichnenden Abkommens zwischen Israel und der Hamas ab

von Nicole Dreyfus  16.01.2025 17:13 Uhr

Sonntag, 12.15 Uhr – mit Vorsicht warten die Familien der Geiseln und die Zivilbevölkerung in Gaza auf diesen Termin. Tritt das Waffenstillstandsabkommen in Kraft, sollten 33 von 98 Geiseln freigelassen werden, die Kämpfe in Gaza für 42 Tage aufhören. Bei den Geiselfamilien freut man sich vorerst nur leise, auch wenn in den Straßen Gazas bereits getanzt wird.

Noch kann alles kippen, das Kabinett von Benjamin Netanjahu, das am Vormittag über das Gaza-Abkommen hätte beraten sollen, hat die Sitzung verschoben. Der Ministerpräsident macht der Terrororganisation Vorwürfe. Gleichzeitig steht Netanjahu unter Druck seiner rechtsnationalen Regierungspartner. Die Koalition droht auseinanderzufallen.

Selbst wenn Netanjahu diese politische Niederlage in Kauf nimmt und somit die letzten Hürden aus dem Weg räumt, um die Geiseln, das Faustpfand der Hamas, nach 15 Monaten endlich zu retten – bedeutet es wirklich ein Ende des Krieges? Ein Waffenstillstand und ein Geiselabkommen werden ihn nicht zwingend beenden.

Zur Erinnerung: Es war die Hamas, die am 7. Oktober 2023 mit ihren Massakern den Krieg begann, der eine breit angelegte internationale Anstrengung zur Delegitimation des Staates Israel zur Folge hatte. Selbst wenn ein Waffenstillstand die Feindseligkeiten in Gaza beenden würde, wie es dem Entwurf des Dreiphasenplans zu entnehmen ist, würde die Hamas, ihr angegliederte Gruppen und andere internationale Akteure wie das iranische Regime den Kampf mit anderen Mitteln fortsetzen.

Aus der Haft entlassene Terroristen oder Verbrecher bedeuten ebenso eine Gefahr für die Sicherheit Israels – egal ob sie zurück nach Gaza kommen oder ins Exil geschickt werden. Sie werden dabei helfen, den Hass gegen Juden und ihre terroristische Ideologie weiterzuverbreiten, das führt vermutlich auch zu weiteren blutigen Auseinandersetzungen oder Anschlägen. Auch weil die Hamas mit scharfem Blick darauf achten wird, dass auch ihre schlimmsten Terroristen freikommen werden. Optimismus ist hier fehl am Platz.

Lesen Sie auch

Das dreistufige Waffenstillstandsabkommen ist anfällig für Opposition und weitere Verluste auf beiden Seiten. Noch besteht Anreiz für beide Parteien weiterzukämpfen und am grundlegenden Konflikt zwischen Israel und den Islamisten im Gazastreifen wird ein Abkommen kaum etwas ändern. Doch angesichts der Tausenden von Toten gibt es keine Alternative: Das Abkommen muss in Kraft treten, um Leben zu retten und Gelegenheit bieten, humanitäre Hilfe zu leisten.

dreyfus@juedische-allgemeine.de

Auswanderung

Mehr Israelis wollen einen anderen Pass

Eine wachsende Zahl von Israelis kehrt dem jüdischen Staat den Rücken. Der aktuelle Konflikt verstärkt den Exodus. Zugleich sehen sich Auswanderer vor höheren Hürden auf dem Weg zum Zweitpass

von Burkhard Jürgens  29.10.2025

Kiryat Ata

»Wie kann man sein Kind in Raten beerdigen?«

Richelle Tzarfati, Mutter der getöteten Hamas-Geisel Ofir, muss zum zweiten Mal das Grab ihres Sohnes öffnen, nachdem die Terroristen der Hamas weitere sterbliche Überreste übergeben haben

 29.10.2025

Eilat

Drei Tage Sonne, Meer und Jazz

Das diesjährige Red Sea Jazz Festival bietet eine vielfarbige Klangmischung vor der Kulisse des Hafens von Eilat

von Imanuel Marcus  29.10.2025

Jerusalem

Weltkongress der Zionisten eröffnet

Laut Präsident Isaac Herzog ist der Kongress »eine Zeit der Selbstreflexion für unsere Nation«

 29.10.2025

Gaza

Israelische Armee: Waffenruhe gilt wieder

Nach ihrer Reaktion auf Verletzungen der geltenden Vereinbarung durch die Terroristen der Hamas sind die Streitkräfte am Morgen zur Umsetzung des Waffenstillstandes zurückgekehrt

 29.10.2025

Nahost

Trump: Israel soll reagieren, wenn Hamas Soldaten tötet

Die palästinensischen Terroristen verletzten die Waffenruhevereinbarung. Ein Soldat stirbt, Israel reagiert

 29.10.2025

Jerusalem/Gaza

Israel reagiert auf mehrfachen Bruch des Friedensplans durch die Hamas

Die Hintergründe

 28.10.2025

Gazastreifen

Israels Premier Netanjahu ordnet »intensive Angriffe« an

Der Regierungschef reagiert damit auf mehrmalige Brüche der Waffenruhe und des Geiseldeals durch die Terroristen der Hamas

 28.10.2025

Nachrichten

Kiosk, Kandidatur, Lebenserwartung

Meldungen aus Israel

von Sabine Brandes  28.10.2025