Schlag gegen Iran

Ein notwendiger Schritt

Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Foto: Marco Limberg

Schlag gegen Iran

Ein notwendiger Schritt

Israel hat alles Recht der Welt, sich gegen das iranische Atomprogramm zu wehren. Teheran darf niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Ein Kommentar von Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  13.06.2025 15:41 Uhr

»Lieber schlechte Presse als schöne Nachrufe«: So reagierte vor Kurzem ein israelischer Minister auf Kritik, dass der Ruf des jüdischen Staates weltweit doch sehr gelitten habe.

Nach dem heutigen Militärschlag gegen den Iran dürfte er womöglich noch mehr leiden. Doch die Israelis wissen aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit: Wenn sie die Wahl zwischen mehreren schlechten Optionen haben, sind sie gezwungen, sich für die am wenigsten schlechte Option zu entscheiden.

Teheran hat unzählige Male angekündigt, Israel auszulöschen

Und im Fall des Angriffs auf den Iran geht es nicht nur um Israels guten Ruf. Es geht ums nackte Überleben. Weil die öffentliche Meinung mutmaßlich wieder ganz schnell kippen wird oder schon längst entsprechend gegen Israels Akt der Existenzsicherung gerichtet ist, sei hier daran erinnert: Israel hat alles Recht der Welt, sich gegen das iranische Atomprogramm auch militärisch zu wehren. Teheran hat unzählige Male angekündigt, Israel auszulöschen. Ein solcher Staat darf niemals in den Besitz von Atombomben gelangen.

Die Auslöschungsankündigungen sind keine bloßen Lippenbekenntnisse, sondern todernst gemeint. Iran ist Terrorexporteur Nummer eins in Nahost. Den 7. Oktober 2023, das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust, hätte es ohne Teheran nie gegeben. Israel hat getan, was jedes andere Land auch getan hätte und wozu jedes andere Land auch alles Recht der Welt gehabt hätte: sich selbst zu verteidigen.

Die Israelis sind nicht naiv, sie wissen: Iranische Atomwaffen werden auf kurz oder lang auf den jüdischen Staat zielen.

Israel wird als Störenfried gesehen, als Unruhestifter im Nahen Osten

Nur im Rest der Welt ist es den meisten nicht klar – im Gegenteil. Im Westen und leider auch in Deutschland wird Israel als Aggressor betrachtet. Egal, was der jüdische Staat tut oder lässt: Israel wird als Störenfried gesehen, als Unruhestifter im Nahen Osten. Dass es seit der Islamischen Revolution von 1979 in Wahrheit das Regime im Iran ist, das Israel von der Landkarte ausradieren möchte, wollen viele partout nicht einsehen. Dabei wissen wir seit Langem: Die Auslöschung des »zionistischen Gebildes« ist Staatsdoktrin im Iran. 

Die Israelis sind nicht naiv, sie wissen: Iranische Atomwaffen werden auf kurz oder lang auf den jüdischen Staat zielen.

Umgekehrt strebt Israel die Rückkehr in eine Zeit an, in der das Land enge Beziehungen zum Iran pflegte. Viele Exil-Iraner unterstützen den jüdischen Staat. Sie sind sich der Gefahr, die von der Islamischen Republik ausgeht, sehr bewusst.

Sie wissen auch: Um ihren Vernichtungsplan in die Tat umzusetzen, sind den Ajatollahs so ziemlich alle Mittel recht. Dass noch zu Zeiten des Schahs mit israelischer Unterstützung angeschobene Atomprogramm dient längst nicht mehr der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Dafür muss Uran nicht auf 20 oder gar 60 Prozent angereichert werden, knapp fünf Prozent würden reichen.

Bezeichnend: Vor zwei Wochen hat ein Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien erneut bestätigt, dass der Iran über mehr als 400 Kilogramm hochangereichertes Uran verfügt – genug, um mehrere Atombomben zu bauen.

Europa handelt nicht. Europa zeigt keine Zähne

Eigentlich dürfte auch Europa nicht wollen, dass dieses Regime in den Besitz von Atomwaffen gelangt. Ist es uns angesichts der Vorgänge in der Ukraine egal, wenn vor unserer Haustür ein islamistisches Regime sich atomar bewaffnet? Vielleicht nicht egal – aber: Europa handelt nicht. Europa zeigt keine Zähne. Europa setzt lieber auf Lippenbekenntnisse.

Jetzt hat Israel gehandelt. Es hat nicht nur die Atomanlagen im Iran bombardiert, sondern auch führende Militärs und Wissenschaftler ausgeschaltet, darunter den Chef der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC). Unter der Ägide von Hossein Salami wurden auch in Deutschland Anschläge auf jüdische Einrichtungen und Personen geplant und teilweise ausgeführt. Deutsche Staatsbürger wurden im Iran entführt und sogar getötet. Dass Salami nicht mehr unter den Lebenden weilt und die Schlagkraft der IRGC dezimiert wurde, ist eine gute Nachricht auch für uns in Deutschland.

Es wäre an der Zeit, sich bei Israel zu bedanken, anstatt die immergleiche Litanei anzustimmen von einer angeblichen »Eskalation im Nahen Osten« durch Israels Vorgehen. Die Lage ist längst eskaliert. Israel muss sich an sieben Fronten gegen den vom Iran geförderten Terror verteidigen. 

Hätte Israel warten sollen, bis es zu spät ist? Wann hätte es handeln sollen, wenn nicht jetzt? Es hätte nicht mehr viele Möglichkeiten gegeben, dieses Regime noch zu stoppen. Deswegen sollten wir froh und dankbar sein, dass Israel heute gehandelt hat. Es hat auch im deutschen Interesse gehandelt.

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