Schlag gegen Iran

Ein notwendiger Schritt

Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Foto: Marco Limberg

Schlag gegen Iran

Ein notwendiger Schritt

Israel hat alles Recht der Welt, sich gegen das iranische Atomprogramm zu wehren. Teheran darf niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Ein Kommentar von Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  18.06.2025 22:41 Uhr Aktualisiert

Lieber schlechte Presse als schöne Nachrufe»: So reagierte kürzlich ein israelischer Minister auf die Kritik, dass der Ruf des jüdischen Staates weltweit doch sehr gelitten habe.

Nach den Angriffen auf die iranischen Atomanlagen in der Nacht zu Freitag vergangener Woche hat Israels Ruf – zumindest medial und gesellschaftlich – weiter gelitten. Jerusalem steht seitdem massiv in der Kritik. Doch die Israelis wissen aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit: Wenn sie die Wahl zwischen mehreren schlechten Optionen haben, sind sie gezwungen, sich für die am wenigsten schlechte Option zu entscheiden.

Im Fall des Angriffs auf den Iran geht es nicht nur um Israels Ansehen in der Welt. Es geht ums nackte Überleben. Israel hat jedes Recht, sich gegen das iranische Atomprogramm auch militärisch zu wehren. Es sei daran erinnert: Teheran hat unzählige Male angekündigt, Israel auszulöschen. Ein solcher Staat darf niemals in den Besitz von Atombomben gelangen. Denn die Auslöschungsankündigungen sind keine bloßen Lippenbekenntnisse, sondern todernst gemeint.

Iran ist Terrorexporteur Nummer eins im Nahen Osten. Den 7. Oktober 2023, das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust, hätte es ohne Teheran nie gegeben. Israel hat nun getan, was jedes andere Land auch getan und wozu jedes andere Land auch alles Recht der Welt gehabt hätte: sich selbst zu verteidigen.

Die Israelis sind nicht naiv, sie wissen: Iranische Atomwaffen werden über kurz oder lang auf den jüdischen Staat zielen. Nur im Rest der Welt ist es den meisten nicht klar – im Gegenteil. Im Westen und leider auch in Deutschland wird Israel als Aggressor betrachtet. Egal, was der jüdische Staat tut oder lässt: Israel wird als Störenfried gesehen, als Unruhestifter im Nahen Osten. Dass es seit der Islamischen Revolution von 1979 in Wahrheit das Regime im Iran ist, das Israel von der Landkarte ausradieren möchte, wollen viele partout nicht einsehen. Dabei wissen wir seit 46 Jahren: Die Auslöschung des «zionistischen Gebildes» ist Staatsdoktrin im Iran. Umgekehrt strebt Israel die Rückkehr in eine Zeit an, in der das Land enge Beziehungen zum Iran pflegte. Viele Exil-Iraner unterstützen den jüdischen Staat. Sie sind sich der Gefahr, die von der Islamischen Republik ausgeht, sehr bewusst.

Es hätte nicht mehr viele Möglichkeiten gegeben, die Mullahs zu stoppen.

Sie wissen auch: Um ihren Vernichtungsplan in die Tat umzusetzen, sind den Ajatollahs alle Mittel recht. Das noch zu Zeiten des Schahs mit israelischer Unterstützung angeschobene Atomprogramm dient längst nicht mehr einer friedlichen Nutzung der Kernenergie. Dafür muss Uran nicht auf 20 oder gar 60 Prozent angereichert werden, knapp fünf Prozent würden reichen.

Bezeichnend: Vor zwei Wochen hat ein Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien erneut bestätigt, dass der Iran über mehr als 400 Kilogramm hochangereichertes Uran verfügt – genug, um zehn Atombomben zu bauen.

Deutschland und die EU haben lange Zeit die Augen vor dieser brandgefährlichen Situation verschlossen. Das war fahrlässig und naiv. Die Bedrohung, die von iranischen Atomwaffen ausgeht, stellt nicht nur für Israel und den gesamten Nahen Osten eine große Gefahr dar, sondern auch für Europa. War es uns angesichts der Vorgänge in der Ukraine egal, dass vor unserer Haustür ein islamistisches Regime sich atomar bewaffnet? Vielleicht nicht egal – aber: Europa hat lange Zeit nicht gehandelt. Keine Zähne gezeigt. Lieber auf Lippenbekenntnisse gesetzt, sich von den Mullahs täuschen lassen.

Jetzt hat Israel gehandelt. Es hat nicht nur die Atomanlagen bombardiert, sondern auch führende Militärs und Wissenschaftler getötet, darunter den Chef der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC). Unter der Ägide von Hossein Salami wurden auch in Deutschland Anschläge auf jüdische Gemeinden geplant und durchgeführt. Deutsche Staatsbürger wurden im Iran entführt und sogar getötet. Dass Salami nicht mehr lebt, die Schlagkraft der IRGC dezimiert wurde und das Atomprogramm durch die Angriffe empfindlich geschwächt wurde, ist eine gute Nachricht auch für uns in Deutschland.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat es am Dienstag dieser Woche in einem historischen Moment so klar und deutlich auf den Punkt gebracht, wie man es nur zum Ausdruck bringen kann. «Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle», sagte der Bundeskanzler (CDU) am Rande des G7-Gipfels in Kanada. «Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.»

Hätte Israel warten sollen, bis es zu spät ist? Wann hätte es handeln sollen, wenn nicht jetzt? Es hätte nicht mehr viele Möglichkeiten gegeben, Teheran zu stoppen. Deswegen sollten wir froh und dankbar sein, dass Israel diesen Schritt gewagt hat. Es hat damit auch im deutschen Interesse gehandelt.

Umfrage

Mehrheit der Palästinenser findet Angriff vom 7. Oktober richtig

Die People’s Company for Policy and Survey Research hat die Einstellungen von Palästinensern in Gaza und dem Westjordanland abgefragt

von Imanuel Marcus  30.10.2025

Sport

Mehr als ein Spiel

Fußball ist für Israelis nicht nur eine große Leidenschaft, sondern auch ein Tor zur Welt. Doch diese Verbindung ist in Gefahr

von Ruben Gerczikow  30.10.2025

Tel Aviv

Alon Ohel spielt in Comedy-Show Klavier

Bei seiner Entführung durch die Hamas vor zwei Jahren war Alon Ohel schwer am Auge verletzt worden. Mit seinem Auftritt in einer Satiresendung setzt der 24-jährige Deutsch-Israeli nun ein Zeichen der Hoffnung

 30.10.2025

Kirjat Gat

Netanjahu über Gaza: »Wir werden unser Ziel erreichen«

Bei einem Besuch in Südisrael sagt der Ministerpräsident, seine Regierung arbeite an einem Plan für Gaza – eines, das Israel nicht mehr bedrohe

 30.10.2025

Interview

»Wir hatten keine Verwandten«

Erst seit einigen Jahren spricht sie über ihre jüdischen Wurzeln: Bildungsministerin Karin Prien erzählt, warum ihre Mutter davon abriet und wann sie ihre eigene Familiengeschichte erst begriff

von Julia Kilian  30.10.2025

Auswanderung

Mehr Israelis wollen einen anderen Pass

Eine wachsende Zahl von Israelis kehrt dem jüdischen Staat den Rücken. Der aktuelle Konflikt verstärkt den Exodus. Zugleich sehen sich Auswanderer vor höheren Hürden auf dem Weg zum Zweitpass

von Burkhard Jürgens  29.10.2025

Kiryat Ata

»Wie kann man sein Kind in Raten beerdigen?«

Richelle Tzarfati, Mutter der getöteten Hamas-Geisel Ofir, muss zum zweiten Mal das Grab ihres Sohnes öffnen, nachdem die Terroristen der Hamas weitere sterbliche Überreste übergeben haben

 29.10.2025

Eilat

Drei Tage Sonne, Meer und Jazz

Das diesjährige Red Sea Jazz Festival bietet eine vielfarbige Klangmischung vor der Kulisse des Hafens von Eilat

von Imanuel Marcus  29.10.2025

Jerusalem

Weltkongress der Zionisten eröffnet

Laut Präsident Isaac Herzog ist der Kongress »eine Zeit der Selbstreflexion für unsere Nation«

 29.10.2025