Einspruch

Ein Grund zum Feiern

Doron Rubin
Doron Rubin Foto: © Gregor Zielke

Das Grundgesetz feiert dieser Tage Geburtstag, nächstes Jahr steht sogar ein runder Geburtstag ins Haus. Was lässt sich aus jüdischer Perspektive dazu sagen? Jüngst wurde ich in einem Podcast gefragt, ob das Grundgesetz auch Gebote enthält, ähnlich dem jüdischen Religionsgesetz, der Halacha. In der deutschen Verfassung werden sich nicht allzu viele Gebote finden lassen.

Der Grund ist einfach: Das Grundgesetz bindet und organisiert vor allem die Staatsgewalt und verleiht dem Einzelnen (Grund-)Rechte gegenüber dem Staat. Bereits Artikel 1 Absatz 3 besagt, dass die nachfolgenden Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden.

freiheit Das Verhältnis und die Bedeutung des Grundgesetzes zur beziehungsweise für die Halacha wird hieran deutlich: Der freiheitlich orientierte Rechtsstaat eröffnet seinen Bürgern Handlungsräume und wählt eine auf die individuelle Freiheit gerichtete Perspektive. Der Einzelne soll entscheiden können, wie er sein Leben gestalten will und welchen Werten dabei gefolgt werden soll.

Es gibt einen guten Grund für Juden, am Tag des Grundgesetzes zu feiern.

Die Halacha folgt demgegenüber einem übergreifenden, das ganze Leben umfassenden Konzept, das religiös und spirituell aufgeladen ist. Das Grundgesetz hingegen schafft, wenn man so will, einen Raum für Jüdinnen und Juden, ihre Religion, Kultur und Identität auszuleben. Es verleiht ihnen Rechte, dies – abgesehen von sogenannten verfassungsimmanenten Grenzen – frei von staatlicher Beeinträchtigung zu tun.

Es gibt damit einen guten Grund für Juden, am Tag des Grundgesetzes zu feiern. Kein anderes Dokument der deutschen Nachkriegsgeschichte verkörpert die Freiheit, jüdische Religion, Kultur und Identität ausleben zu können, so passend wie die deutsche Verfassung. Das Grundgesetz ist – in der Auslegung der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – ein Garant für lebendiges Judentum in Deutschland.

Der Autor ist Richter beim Familiengericht in Berlin.

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