Nils Kottmann

Der Trotz des Twitter-Chefs

Nils Kottmann Foto: Marco Limberg

Seit Wochen kann man Elon Musk dabei zusehen, wie er zunehmend den Verstand verliert. Der reichste Mann der Welt hat 44 Milliarden US-Dollar investiert, um aus Twitter (Hand aufs Herz: Wer nennt die Plattform privat wirklich X?) einen angeblichen Hort der Meinungsfreiheit zu machen. Der neue Chef feuerte nach seiner Übernahme zahlreiche Moderatoren, die eigentlich gegen Hetze, Hass und Fake News auf der Kurznachrichtenplattform vorgehen sollen. Seitdem haben antisemitische Verschwörungstheorien und Gewaltaufrufe gegen Juden massiv zugenommen.

Die Folgen sind nicht nur für Juden katastrophal, sondern auch für das Geschäftsmodell der Kurznachrichtenplattform. Nachdem die jüdische Anti-Defamation League (ADL) aufgedeckt hatte, dass Werbung von Großkonzernen unter den Hass-Botschaften von Neonazis ausgespielt wird, stellten zahlreiche Unternehmen ihre Werbekampagnen ein. Doch statt auf die Kritik zu reagieren und gegen Neonazis vorzugehen, kündigte Musk lieber an, die ADL zu verklagen. Schlimmer noch: Wochen später teilte er selbst die antisemitische Verschwörungstheorie, dass Juden Hass gegen »Weiße« verbreiten würden.

Bei einer Podiumsdiskussion warf Elon Musk Großkonzernen wie Disney vor, ihn mit ihrem Werbe-Boykott erpressen zu wollen.

Bei einer Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche entschuldigte sich Musk zwar für diese Behauptung, warf Großkonzernen wie Disney in seinem trotzigen Wahn aber gleichzeitig vor, ihn mit ihrem Werbe-Boykott erpressen zu wollen. Es scheint, dass der Verfechter der Meinungsfreiheit nicht verstanden hat, dass Unternehmen auch die Freiheit haben, ihre Werbung nicht auf Webseiten zu schalten, auf denen Menschen zu lange ungestraft den Holocaust leugnen oder gewaltverherrlichende Clips der Hamas-Massaker teilen können.

Die Twitter-Nutzer verschwinden mittlerweile in Scharen von der einstigen Pflicht-Plattform für Journalisten, Politiker und Aktivisten. Sie haben verstanden, dass eine fruchtbare Debatte Moderatoren und Grenzen des Sagbaren braucht. Es wird Zeit, dass auch Elon Musk das einsieht.

kottmann@juedische-allgemeine.de

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  24.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025

Meinung

Die Abkehr des Kanzlers von der Staatsräson: Kein Grund zur Trauer

Der von Altkanzlerin Angela Merkel geprägte Begriff war schon immer vage. Es ist auch wesentlich leichter, wohlklingende Erklärungen abzugeben, als danach zu handeln. Friedrich Merz sollte endlich Taten folgen lassen

von Daniel Neumann  22.10.2025

Meinung

Warum ich Angst vor der politischen Linken habe

Dass Links bedeutet, sich für mit sozialem Gewissen für die Schwachen einzusetzen, gehört längst der Vergangenheit an

von Michel Ronen  20.10.2025

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts

von Nicole Dreyfus  17.10.2025