Sabine Brandes

Der Rest ist Schweigen

Sabine Brandes Foto: privat

Sabine Brandes

Der Rest ist Schweigen

Zivilisten in Gaza, die gegen die Hamas demonstrieren, müssen um ihr Leben fürchten

von Sabine Brandes  03.02.2024 18:48 Uhr

Am Anfang waren es nur Einzelne. Hier ein Journalist, der über die Hamas schimpfte, dort eine ältere Frau, die beklagte, dass die Terroristen die humanitären Lieferungen für sich abzweigen und damit in die Tunnel verschwinden. Doch jetzt tauchten Videoaufnahmen aus Gaza auf, die zeigen, dass einige Dutzend, wenn nicht gar Hunderte Palästinenser gegen die Herrschaft der Terrororganisation auf den Straßen protestieren.

Sie forderten »Nieder mit Hamas!« und ein Ende des Krieges. Dafür und damit sie nach Hause zurückkehren könnten, skandierte eine Gruppe, solle die Hamas endlich die israelischen Geiseln freigeben. Veröffentlicht wurden die Clips unter anderem vom Sprecher der israelischen Armee. Auch der palästinensische Menschenrechtsaktivist Bassem Eid ist von den Protesten beeindruckt. Er schreibt, dass die protestierenden Frauen und Kinder die Terrororganisation für die Tragödie ihres Lebens verantwortlich machten und die Kluft zwischen dem Volk und seinen Anführern zeigten.

Kein Massenphänomen

Viele werden diese Kundgebungen – die hoffentlich nur die ersten sind – als bedeutungslos abtun. Verständlich, auch ich bin skeptisch. Doch auch, wenn Demonstrationen in Gaza definitiv noch kein Massenphänomen sind, mutig sind sie allemal. Denn die Hamas macht meist mit jenen, die Widerworte gegen ihre eiserne Herrschaft haben, kurzen Prozess. Zivilisten in Gaza, die gegen die Hamas demonstrieren, müssen um ihr Leben fürchten.

Zivilisten in Berlin, New York, London und Paris, oder wo auch immer sie sich ihre Pali-Schals umwerfen und auf die Straßen gehen, nicht. Sie dürfen aus vollem Hals brüllen: »Nieder mit Hamas!« oder das »Ende des Hamas-Terrors für die Palästinenser« fordern. Sie könnten es den Menschen in Gaza vormachen. Sie wissen lassen, dass sie das Anliegen, endlich von dem Terrorregime befreit zu werden, aus ganzem Herzen unterstützen. Doch … der Rest ist Schweigen.

Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  20.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Meinung

Unsere Antwort ist Leben!

Chanukka ist das beharrliche Bestehen darauf, dass Mord und Terror nicht das letzte Wort haben. Ein Kommentar zum Terroranschlag von Sydney

von Jan Feldmann  18.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Meinung

Warum ich Sydney nicht verlassen werde

Der Terroranschlag von Bondi Beach wurde auch möglich, weil die Mehrheitsgesellschaft den Antisemitismus im Land ignoriert hat. Unsere Autorin sagt trotzdem: Ihre Heimat als Jüdin ist und bleibt Australien

von Amie Liebowitz  17.12.2025

Meinung

Die Empörung über Antisemitismus muss lauter werden

Der Anschlag von Sydney war in einem weltweiten Klima des Juden- und Israelhasses erwartbar. Nun ist es an der Zeit, endlich Haltung zu zeigen

von Claire Schaub-Moore  17.12.2025