Michael Groys

Borschtsch und Bier? Das geht

Es ist Zeit anzuerkennen, dass die neue Generation von selbstbewussten jüdischen Deutschen ihre Wurzeln aus der Sowjetunion hat

von Michael Groys  23.07.2020 12:27 Uhr

Michael Groys Foto: privat

Es ist Zeit anzuerkennen, dass die neue Generation von selbstbewussten jüdischen Deutschen ihre Wurzeln aus der Sowjetunion hat

von Michael Groys  23.07.2020 12:27 Uhr

Derzeit reden wir viel über Rassismus gegenüber nichtweißen Menschen. Es ist auch an der Zeit, über eigene Erfahrungen mit Rassismus zu sprechen – wie er meiner Familie, mir und vielen jüdischen Migranten aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland widerfahren ist.

Als wir vor 30 Jahren nach Deutschland kamen, waren wir äußerlich anders. Unsere Namen, unsere Kultur und selbst das Verständnis der eigenen gemeinsamen Religion waren anders. Wir wurden weder von der deutschen Mehrheitsgesellschaft noch von den eigenen Gläubigen mit offenen Armen empfangen.

ABLEHNUNG Wir waren Fremde. In den ersten Jahren schaute man uns in den Gemeinden verurteilend an. Unser Jom Kippur war der Tag des Sieges. Schabbat, Challa und Kaschrut kannten wir meist nicht.

Als Juden in der Sowjetunion wurden wir diskriminiert, benachteiligt und drangsaliert, nun erlebten viele in der neuen freien Welt wieder Ablehnung und Verachtung aufgrund unserer anderen jüdischen Herkunft.

Wie oft wurde der russische Akzent nachgemacht, wurden Namen wie Boris oder Arakady nicht ernst genommen, verstand man unsere Perspektive auf den Zweiten Weltkrieg nicht, missachtete man unsere Kultur, Literatur und Musik.

Wir, Juden aus der ehemaligen Sowjetunion, bilden die neue Mehrheit des neuen deutschen Judentums.

Das deutsche Judentum gibt es aber in seiner ursprünglichen Form zahlenmäßig nicht mehr, und Mehrheit ist eben Mehrheit. Wir, Juden aus der ehemaligen Sowjetunion, bilden diese neue Mehrheit des neuen deutschen Judentums.

SELBSTBEWUSSTSEIN Wir sind eine neue Generation von selbstbewussten jüdischen Deutschen, die ihre Wurzeln aus der Sowjetunion weder vergessen noch ablehnen. Borschtsch, Kaschrut und Bier – das funktioniert. Man kann Katjuscha heißen und die Nationalhymnen Deutschlands und Israels singen. Man kann Puschkins Gedichte lesen und stolz auf die Errungenschaften bedeutender deutscher Juden sein.

Es ist auch nicht verwerflich, nicht jeden Psalm zu kennen und sich doch zugehörig zu fühlen. Wichtig ist, die gleichen Fehler nicht noch einmal zu machen. Wir schaffen das – auch ohne Rassismus.

Der Autor arbeitet als politischer Berater in Berlin.

Awi Blumenfeld

Staatstragende Zersetzung

Demokratisches Verständnis vortäuschen, um die Demokratie als Sprungbrett zu nutzen: das Beispiel Walter Rosenkranz

von Awi Blumenfeld  27.11.2024

Waffenstillstand

Echter Frieden herrscht erst, wenn die Hisbollah entwaffnet ist

Der Krieg ist vorerst gestoppt. Jetzt muss der iranische Einfluss im Libanon zurückgedrängt und die UN-Sicherheitsratsresolution 1701 umgesetzt werden. Ein Kommentar von Michael Thaidigsmann

von Michael Thaidigsmann  27.11.2024

Meinung

Schluss mit dem Lamentieren - es ist Zeit zu handeln

Nach den Haftbefehlen gegen Netanjahu und Gallant reicht es nicht, den Lautstärkeregler hochzufahren. Konstruktive Vorschläge wären im Interesse Israels

von Michael Thaidigsmann  26.11.2024

Meinung

Wie rechtfertigt ihr euer Schweigen?

Am Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erwähnen die meisten feministischen Organisationen die Jüdinnen in Hamas-Geiselhaft mit keinem Wort. Ein Kommentar von Sharon Adler

von Sharon Adler  25.11.2024

Meinung

Der Rubikon ist längst überschritten

Eine »globale Intifida« breitet sich auch im Westen aus. Es wäre an der Zeit, dass Regierungen klare rote Linien einziehen

von Jacques Abramowicz  25.11.2024

Meinung

Slowik muss sich an Golda Meir ein Vorbild nehmen

Die Polizeipräsidentin hat Juden zur Vorsicht vor arabischstämmigen Menschen gemahnt. Das ist das falsche Signal

von Sigmount A. Königsberg  25.11.2024

Boris Itkis

»No-Go-Areas« für Juden: Die Geschichte wiederholt sich

Schon vor 100 Jahren konnte der deutsche Staat nicht alle seine Bürger schützen

von Boris Itkis  25.11.2024

Meinung

Nan Goldin: Gebrüll statt Kunst

Nach dem Eklat in der Neuen Nationalgalerie sollte Direktor Klaus Biesenbach zurücktreten

von Ayala Goldmann  25.11.2024

Israel und der Chefankläger

Das Tischtuch ist zerschnitten

Karim Khan triumphiert. Doch nach der Ausstellung der Haftbefehle ist ihm eine Untersuchung in Gaza verwehrt

von Michael Thaidigsmann  21.11.2024