Meinung

Antisemitismus-Resolution: Besser spät als nie

Nicole Pastuhoff ist die ehemalige Präsidentin des Jüdischen Studierendenverbandes Nordrhein-Westfalen. Foto: privat

Meinung

Antisemitismus-Resolution: Besser spät als nie

Der Bundestag hat eine Erklärung gegen Juden- und Israelhass im Bildungsbereich verabschiedet. Nun muss diese konsequent umgesetzt werden

von Nicole Pastuhoff  30.01.2025 12:47 Uhr

In den vergangenen 16 Monaten wurden deutsche Hochschulen zu Brennpunkten des Antisemitismus. Sie dienten israelfeindlichen Aktivisten als Plattformen, um die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit zu strapazieren und die – vermeintliche – Hilflosigkeit der Hochschulleitungen auszunutzen. So wurden sie zu Schauplätzen von Einschüchterung und physischer Gewalt.

Am Mittwoch verabschiedete der Bundestag die Resolution »Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern«. Kann diese Resolution Protestcamps, Besetzungen, Sachbeschädigungen, Gewalt, Terrorverherrlichung und antisemitischen Parolen tatsächlich entgegenwirken?

Der fraktionsübergreifende Antrag von SPD, CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Antisemitismus in Bildungseinrichtungen. Neben der Stärkung der Antisemitismus- und jüdischen Gegenwartsforschung fordert die Resolution härtere Sanktionen für antisemitische Vorfälle und eine engere Zusammenarbeit von Hochschulen und Sicherheitsbehörden. Besonders begrüßenswert ist die Unterstützung der IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus und die klare Positionierung gegen die gegen Israel gerichtete Boykott-Bewegung BDS. Doch ihre Wirksamkeit hängt davon ab, ob diese Maßnahmen konsequent umgesetzt werden – oder ob es bei Absichtserklärungen bleibt.

Bis die Betroffenen auf ihrem Campus tatsächlich Schutz und Rückhalt spüren, wird noch viel Zeit vergehen.

Besonders die Stärkung der Forschung ist nach der Flut an Falschinformationen und Propaganda seit dem 7. Oktober 2023 essenziell. Es stimmt, dass sich Antisemitismus gewandelt hat und strafrechtlich neu bewertet werden muss. Doch für Verantwortliche ist diese »neue« Form des Judenhasses oft nur einer von vielen Vorwänden, nicht gegen diesen einzuschreiten. So hat der Antisemitismus an den Hochschulen weiter einen Platz.

Ob diese Resolution daran kurzfristig etwas ändert, ist fraglich – langfristig könnte sie zumindest eine entschlossenere Haltung fördern. Mehr Hoffnung gibt die klare Forderung, dass Bund und Länder konsequenter gegen antisemitisches Verhalten vorgehen sollen. Zu lange haben sich die Verantwortlichen auf einer falsch verstandenen Hochschul- und Wissenschaftsfreiheit ausgeruht.

Die Resolution setzt ein wichtiges politisches Signal. Doch sie verdeutlicht auch, dass der Schutz jüdischer und israelischer Studierender nicht oberste Priorität hat. Es spricht für sich, wie viel Zeit es in Anspruch genommen hat, sich auf einen gemeinsamen Antrag zu einigen. Bis die Betroffenen auf ihrem Campus tatsächlich Schutz und Rückhalt spüren, wird noch viel Zeit vergehen – im besten Fall kostet es sie nur Nerven, im schlimmsten Fall noch mehr.

Die Autorin ist ehemalige Präsidentin des Jüdischen Studierendenverbands Nordrhein-Westfalen (JSV NRW).

Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Europa will den Wiederaufbau Gazas mit 1,6 Milliarden Euro fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, durch Scheckbuchdiplomatie etwas zum Besseren verändern zu können?

von Jacques Abramowicz  10.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025