Datensicherheit

»Wir brauchen einen Cyber-Dome«

Isaac Ben-Israel Foto: Joval Ben-Israel

Israel ist Vorreiter in Sachen Cyber-Sicherheit. So kamen in dieser Woche Experten aus aller Welt zusammen, um von Israel zu lernen und ihre eigenen Ideen und Entwicklungen zu präsentieren. Generalmajor der Reserve Isaac Ben-Israel, Vorsitzender der »4th Annual International Cybersecurity Conference«, erklärt im Interview, welchen Gefahren Israel ausgesetzt ist und was Länder wie Deutschland von Israel lernen können.

Herr Ben-Israel, was macht Israel zum Vorreiter in Sachen Cyber-Sicherheit?
Zunächst liegt das an unserer unglücklichen Lage: Wir sind ein Ziel für sehr viele »Bad Guys« und haben leider sehr viel Erfahrung mit Cyber-Angriffen. Wir waren schon vor 20 Jahren gezwungen, über unseren Schutz nachzudenken. Ein anderer Grund ist unsere Führungsrolle im Hightech-Bereich. Gemessen an der Landesgröße ist Israel überproportional erfolgreich, wir haben die optimale Kooperation zwischen Wissenschaft, Industrie und Armee.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Hightech-Firmen und der Armee?
Jeder 18-Jährige muss seinen Armeedienst leisten. Wir haben den Luxus, diejenigen, die gut in Mathematik sind, für entsprechende Aufgaben rekrutieren zu können. Andere, die zum Beispiel gute Läufer sind, werden in Kampfeinheiten trainiert. Die Armee spielt eine wichtige Rolle dabei, Talente in die entsprechenden Berufe zu leiten. Durch den Dienst bringen die Soldaten Erfahrungen mit, die ihnen gerade im Hightech-Bereich zugute kommen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Cyber-Angriffen auf Privatpersonen und Angriffen auf den Staat?
Beide sind sehr stark miteinander verknüpft. Denn nehmen wir einmal an, ein Feind will Israel durch Cyber-Technologie schaden. Das Ziel eines starken Feindes – eines Staates – wird es beispielsweise sein, die Energieproduktion oder die Wasserversorgung zu stoppen. Ein nicht so starker Feind, etwa eine Gruppe von Leuten, die die Palästinenser unterstützen, sogenannte Hacktivisten, können wichtige Systeme nicht angreifen. Aber sie können zum Beispiel Kreditkartendaten stehlen. Das ist ja schon passiert: Saudische Hacker haben Tausende Kreditkartendaten entwendet und dazu aufgefordert, sie zu nutzen und damit israelischen Bürgern zu schaden.

Wie oft passiert so etwas?
Wir sehen uns täglich einer sehr großen Anzahl von Attacken ausgesetzt – Hunderttausende. Aber meistens können wir sie verhindern. In Notfallsituationen, zum Beispiel während der Operation »Protective Edge«, hatten wir bis zu zwei Millionen Angriffe am Tag, die wir fast immer abwehren konnten.

Von welcher Art von Attacken sprechen Sie?
Beispielsweise von sogenannten »Denial of Service«-Attacken (dabei wird der Zugang zu bestimmten Diensten unterbunden, Anm. der Red.) oder das Eindringen in bestimmte Seiten, um dort anti-israelische Slogans zu posten.

Werden Cyber-Angriffe zu einem immer größeren Problem für Israel?
Ja. Und wir geben auch immer mehr Geld für Cyber-Sicherheit aus. Die genauen Zahlen sind geheim, aber ich kann sagen, dass sie sich in den vergangenen fünf Jahren etwa um den Faktor fünf erhöht haben.

Was sind die größten Probleme, die auf Israel in den nächsten Jahren zukommen werden?
Eine der dringendsten Herausforderungen: Wir müssen ein Schutzsystem auf nationaler Ebene schaffen, ähnlich dem Raketenabwehrsystem Iron Dome, also eine Art Cyber-Dome. Das bedeutet nicht nur, dass wir Technologien entwickeln müssen, sondern auch Regulierungen, die das Dilemma zwischen der nationalen Sicherheit und dem Schutz der Privatsphäre lösen. Das ist ein großes Problem, und keiner weiß bisher, wie es zu lösen ist. Aber lösen müssen wir es, weil wir sonst entweder nicht überleben werden oder keine Demokratie mehr sind.

Können andere Länder wie beispielsweise Deutschland von Israel lernen?
Deutschland sieht sich der gleichen Art von Gefahren ausgesetzt. Ein Beispiel ist die Cyber-Kriminalität, bei der Geld oder Informationen gestohlen werden. Oder wenn eine deutsche Firma etwas entwickelt und andere, etwa die Chinesen, in die Computersysteme eindringen und das Wissen klauen. Ein anderer Bereich sind etwa Lauschangriffe und das Abhören von Gesprächen der Regierung. Leider sind wir in Israel in einer Situation, in der wir Maßnahmen gegen derartige Probleme bereits entwickeln mussten. Nun haben wir die Konferenz, zu der Gäste aus 40 Ländern kommen, um von unserer Erfahrung zu lernen.

Das Gespräch führte Lissy Kaufmann.

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