Miniserie

Wie aus Hermine Miep wurde

Temperamentvoll: Bel Powley als Miep Gies in »Ein Funken Hoffnung« Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Nein, nicht »schon wieder« ein Film über Anne Frank. Die neue Miniserie Ein Funken Hoffnung – Anne Franks Helferin ist etwas Anderes; sie erzählt aus erfrischender Perspektive vom wohl berühmtesten Hinterhaus der Welt. Im Mittelpunkt steht nicht Anne (Billie Boulet spielt sie als ganz »normalen« Teenager), und auch nicht – wie im jüngsten Kinofilm von Ari Folman – ihre fiktive Tagebuchfreundin Kitty, sondern Miep Gies, die Sekretärin von Otto Frank, die zusammen mit ihrem Mann Jan Gies die im Hinterhaus Untergetauchten heimlich mit Lebensmitteln versorgte.

VERSTECK Ein mutiges, lebensgefährliches Unterfangen, das schließlich scheiterte: Die jüdischen Familien Frank und van Pels und später auch der Zahnarzt Fritz Pfeffer konnten sich während der NS-Besatzung in den Niederlanden zwar mehr als zwei Jahre im Hinterhaus der Prinsengracht 263 in Amsterdam verstecken. Doch am 4. August 1944 wurde das Versteck entdeckt. Von den Untergetauchten überlebte nur der Vater Otto Frank. Alle anderen kehrten nicht aus den Konzentrationslagern zurück.

Ein Funken Hoffnung, zuerst ausgestrahlt beim Kabelsender National Geographic und nun zu sehen beim Streaming­anbieter Disney +, lebt nicht zuletzt von den Darstellern, vor allem der britischen Schauspielerin Bel Powley als Miep Gies. Als temperamentvolle Powerfrau mit wunderbaren großen Augen trägt sie die Serie gemeinsam mit Liev Schreiber als Otto Frank (erst bedacht und stark, dann immer verzweifelter) und anderen wie Daniel Donskoy als SS-Mann Karl Josef Silberbauer, der die Franks verhaftet.

In der ersten Folge bringt Miep Annes verschüchterte Schwester Margot (Ashley Brooke) ins Versteck. Gemeinsam radeln sie durch einen Kontrollpunkt und tricksen die Deutschen aus. Die amerikanische Brille beim Blick auf die besetzte Stadt ist zwar unverkennbar, doch die in Amsterdam und Prag gedrehte Serie wird ziemlich schnell überzeugend. Hier stellt sich eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen mit klarem moralischen Kompass auf die richtige Seite der Geschichte.

CHANKUKKA Von einer Party bei Nazi-Sympathisanten bringen Miep und Jan eine Flasche Champagner und Kuchen mit und teilen die Leckereien bei der Chanukkafeier im Hinterhaus mit den Untergetauchten – eine der stärksten Szenen. Auch die Schwierigkeiten anderer Menschen im Widerstand, die verzweifelte (und manchmal unberechenbare) jüdische Erwachsene und Kinder verstecken, werden emotional packend geschildert.

Was brachte Miep Gies dazu, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen? Sie hieß eigentlich Hermine Santrouschitz, stammte aus einer armen Familie in Österreich und wurde 1920 als unterernährtes Kind in die Niederlande geschickt. Bei ihrer neuen Familie, deren Sohn sie »Miep« nannte, fand sie ein Zuhause, bei ihrem Arbeitgeber Otto Frank ein offenes Ohr. Loyalität, Mut und ein Sinn für die Nöte ihrer Mitmenschen: Diese Mischung war offenbar entscheidend.

»Ich mag es nicht, wenn man mich als Heldin bezeichnet, denn niemand sollte denken, dass man etwas Besonderes sein muss, um anderen zu helfen. Auch eine gewöhnliche Sekretärin, eine Hausfrau oder ein Teenager kann in einem dunklen Raum ein kleines Licht anzünden«, sagte Miep Gies nach dem Krieg. Auf diesen Sätzen beruht der englische Titel der Mini­serie A Small Light.

Ein Funken Hoffnung« läuft beim Streaminganbieter Disney +.

Justiz

Dieter Hallervorden und Diether Dehm zeigen Kanzler Friedrich Merz wegen »Drecksarbeit«-Aussage an

Mit seiner Bemerkung zu Israels Angriff auf den Iran hat Kanzler Merz für viel Zustimmung und Ablehnung gesorgt. Nun sollte sich die Justiz damit beschäftigen, meinen einige

 20.06.2025

Medien

Enkel des »Weltbühne«-Gründers übt scharfe Kritik an Verleger Friedrich

Erst kürzlich hatte der Verleger der »Berliner Zeitung« die Zeitschrift »Weltbühne« wieder aufleben lassen. Nun erhebt der Enkel des jüdischen Gründers schwere Vorwürfe gegen ihn

 20.06.2025

TV-Tipp

Robert Lembke: Schikaniert wegen seines jüdischen Vaters

Wer war der Moderator Robert Lembke? 70 Jahre nach dem Start der legendären Quizsendung »Was bin ich?« fasziniert das Dokudrama »Robert Lembke – Wer bin ich?«. Ein Schatz in der ARD-Mediathek

von Gregor Tholl  20.06.2025

Ausstellung

Die Schocken-Show

Das Jüdische Museum Berlin ehrt den Unternehmer und Verleger Salman Schocken dank eines Stars der US-Literatur

von Sophie Albers Ben Chamo  19.06.2025

Kulturkolumne

Zwischen Kotel und Kotti

Wie KI unseren Autor berühmt machte

von Eugen El  19.06.2025

FU Berlin

Sparmaßnahmen an Berliner Hochschulen treffen wohl auch Judaistik

An der Freien Universität ist unklar, ob eine Professur neu besetzt wird.

 19.06.2025

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025

Zahl der Woche

8. Platz

Fun Facts und Wissenswertes

 18.06.2025