Wissenschaft

Wenn Soziologen diskriminieren

Beschmierte Wände am Institut für Sozialwissenschaften in Berlin. Nicht nur unter den Studenten, auch unter den Wissenschaftlern wird um das Verhältnis zu Israel gerungen. Foto: picture alliance/dpa/dpa-POOL

Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) hat scharfe Kritik an der Entscheidung der International Sociological Association (ISA) geübt, die kollektive Mitgliedschaft der Israelischen Gesellschaft für Soziologie (ISS) auszusetzen. In einer Stellungnahme des Vorstands bezeichnet die DGS die Maßnahme als diskriminierend und als Verstoß gegen die Grundprinzipien wissenschaftlicher Kooperation.

Die ISA hatte die Suspendierung Ende Juni mit dem Verweis begründet, die ISS habe es versäumt, eine klare Position gegen die »dramatische Situation in Gaza« zu beziehen. Die DGS widerspricht dieser Argumentation entschieden: Es sei nicht Aufgabe einer internationalen Wissenschaftsorganisation, von nationalen Fachgesellschaften bestimmte politische Stellungnahmen zu verlangen oder sie für das Handeln ihrer Regierungen verantwortlich zu machen.

Strengere Maßstäbe als an andere nationale Fachgesellschaften

»Eine solche Forderung hat eine diskriminierende Wirkung und unterminiert das Prinzip wissenschaftlicher Kooperation auf Augenhöhe«, heißt es in der Erklärung. Die ISA lege damit strengere Maßstäbe an die ISS an als an andere nationale Fachgesellschaften, kritisiert die DGS.

In einem eigenen Statement hatte die israelische Soziologie-Gesellschaft zuvor ihre Betroffenheit über das Leid der Menschen in Gaza zum Ausdruck gebracht und sich für eine gerechte politische Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ausgesprochen. Die DGS schließt sich dieser Einschätzung an und warnt davor, dass die Suspendierung auch Räume der Kritik und Wissenschaftsfreiheit innerhalb Israels gefährde: »Soziologische Forschung sollte gerade in Zeiten von bewaffneten Konflikten, Autoritarismus sowie wachsendem Antisemitismus und Rassismus durch Zusammenarbeit gefördert werden, anstatt diese zu unterbinden.«

»Der Boykott von Institutionen setzt sich im Boykott von Personen fort«

Der Ausschluss stelle zudem ein grundsätzliches Problem für die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit dar: »Der Boykott von Institutionen setzt sich im Boykott von Personen fort«, betont die DGS. Besonders israelische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen seien derzeit vermehrt betroffen.

Die DGS fordert stattdessen Solidarität mit allen Kolleginnen und Kollegen weltweit, die unter repressiven oder kriegerischen Bedingungen forschen. Die Suspendierung der ISS sende ein »problematisches Signal« und untergrabe wissenschaftliche Solidarität, anstatt sie zu stärken. ja

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Zahl der Woche

4275 Personen

Fun Facts und Wissenswertes

 09.07.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Studieren in Wien, Mampfen im neunten Bezirk

von Margalit Edelstein  09.07.2025

Psychologie

Modell für die Traumaforschung

Die Hebräische Universität veranstaltet eine Konferenz zu seelischer Gesundheit in Kriegszeiten

von Sabine Brandes  09.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 10. Juli bis zum 18. Juli

 09.07.2025

Musikbranche

»Schmähungen allein verbrauchen sich schnell«

Marek Lieberberg gehört zu den größten Konzertveranstaltern Europas. Der 79-Jährige über den Judenhass auf internationalen Musikfestivals, die 1968er und Roger Waters

von Sophie Albers Ben Chamo  09.07.2025

Berliner Philharmonie

Gedenkfeier für Margot Friedländer am Mittwoch

Erwartet werden zu dem Gedenken langjährige Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Freundinnen und Freunde Friedländers sowie Preisträgerinnen und Preisträger des nach ihr benannten Preises

 08.07.2025

Berlin

Die Tänzerin ist Raubkunst

Heinrich Stahl musste die Statue während der NS-Zeit unter Zwang verkaufen. 1978 geriet sie an das Georg Kolbe Museum. Jetzt erheben Erben Vorwürfe gegen die Direktorin

von Ayala Goldmann  08.07.2025

Andrea Kiewel

»Sollen die Israelis sich abschlachten lassen?«

Die »Fernsehgarten«-Moderatorin äußert sich im »Zeit«-Magazin erneut deutlich politisch zu ihrer Wahlheimat

 08.07.2025