Zwischenruf

Weltkunst im Heimatmuseum?

Die »Große Kugelkaryatide NY« von Fritz Koenig (1924–2017). Das Kunstwerk war bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beschädigt worden. Foto: imago images/VWPics

Fritz Koenig (1924–2017) war der bedeutendste Bildhauer der klassischen Moderne in Deutschland. Er gilt auch weltweit als einer der ganz Großen seiner Zunft. Von 1968 bis 1971 entstand sein wohl bekanntestes Werk, die »Große Kugelkaryatide NY« für die Plaza des World Trade Center in New York. Bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA wurde es beschädigt, aber nicht zerstört und so zu einem Mahnmal für die Opfer des Anschlags.

Die Uffizien von Florenz präsentierten im Sommer 2018 eine Retrospektive für Fritz Koenig – die größte Einzelausstellung eines Bildhauers, die im weltkunstverwöhnten Italien je stattfand. 1,2 Millionen Besucher strömten in das weltberühmte Museum sowie zum Boboli-Garten am Palazzo Pitti, wo die Großskulpturen zu bewundern waren. Der »Corriere della Sera« verglich Fritz Koenig mit Michelangelo und die »FAZ« mit Donatello. Mehr Superlative sind nicht vorstellbar.

HOLOCAUST-MAHNMAL Leben, Lieben, Leiden, Tod – das sind die großen Themen des Koenig’schen Schaffens. Nicht zuletzt dem Tod, der sechsmillionenfachen Ermordung der Juden Europas, widmete er sein Werk.

Er schuf das Mahnmal am ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen, und sein Entwurf für das Berliner Holocaust-Mahnmal kam im Wettbewerb auf Platz drei. Es wäre dem dann gebauten Quasi-Vergnügungspark mit den bei Sprungliebhabern beliebten Stelen bei Weitem vorzuziehen gewesen.

Koenig schuf das Mahnmal für die Opfer des Olympia-Attentats 1972 in München.

Eindrucksvoll ist auch Koenigs Münchner Mahnmal zum Gedenken an die 1972 von palästinensischen Terroristen bei den Olympischen Spielen ermordeten israelischen Sportler.

Koenig, ein gebürtiger Würzburger, ist somit auch eine Brücke von der bundesdeutschen Kunst zu Juden und Israel. Nicht zuletzt deshalb setzt sich Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, höchst engagiert für ein würdiges, angemessenes Bewahren des Koenig’schen Vermächtnisses ein.

Wie würdigt und erhält die Kunstrepublik Deutschland Werk und Wirkung ihres Weltkünstlers? Mangelhaft bis ungenügend.

Gewiss, in Koenigs niederbayerischer Heimatstadt Landshut gibt es ein wunderbares Skulpturenmuseum, das ihm gewidmet ist. Kürzlich wäre es beinahe zu einem Sammelsurium beliebiger Künstler der bayerischen Provinz mit einigen Beigaben Fritz Koenigs umgewidmet worden.

»GANSLBERG« Fritz Koenigs Anwesen, der Landshut unmittelbar benachbarte »Ganslberg«, ist ebenfalls ein Kunstwerk. Von ihm gestaltet sowie Spiegel von Werk und Persönlichkeit des Meisters. Bund, Stadt und Freistaat Bayern hätten es erst vergammeln und dann abreißen lassen.

Quasi in letzter Minute gelang es den Freunden und Verehrern des Künstlers, darunter Josef Schuster, diesen Vandalismus zu verhindern. Mehr noch: Nun steht der Ganslberg unter Denkmalschutz.

Jedes Denkmal ist Zeuge der Vergangenheit, und die ist bekanntlich vorbei. Wenn dem Denkmal in der Gegenwart für die Zukunft kein Leben eingeflößt wird, verliert das Denkmal jede Bedeutung. Es bedarf eines Konzeptes.

Der Filmkünstler Percy Adlon hat ein tragfähiges Konzept für Landshut und Niederbayern erabeitet.

Ein solches hat der berühmte Filmkünstler und Fritz-Koenig-Freund Percy Adlon (Out of Rosenheim) erarbeitet. Sein Konzept ist lebensprall, kunstbasiert und sogar kommerziell-touristisch für Landshut, Niederbayern und damit für ganz Bayern geradezu verführerisch. Eine Machbarkeitsstudie hat dies jüngst bestätigt.

Wer kann das bezahlen? Der Freistaat Bayern kann es, gab der ehemalige, langjährige Bayerische Staatsminister für Finanzen, Professor Kurt Faltlhauser, zu Protokoll. Wer könnte es besser wissen als er? Nun aber will sich der Bayerische Kulturminister offenbar aus der Affäre ziehen und Gestaltung sowie Verflechtung von Ganslberg, Museum und den weiteren »Fußabdrücken« Koenigs der Stadt Landshut überlassen.

Damit bricht er eine gegebene Zusage: Wenn es ein überzeugendes, durch eine Machbarkeitsstudie bestätigtes Konzept gebe, werde er zu seinem Finanzminister-Kollegen gehen, um das notwendige Geld für die Verwirklichung zu erhalten.

Die Stadt Landshut ist gutwillig, doch überfordert. Sie verfügt weder über das dafür notwendige nationale und internationale Netzwerk, Personal und »Material«, sprich: Geld.

UFFIZIEN Auch der Direktor der Uffizien in Florenz empfiehlt nachdrücklich das Konzept von Percy Adlon. Das wäre ein internationaler Leuchtturm für Bayern und Deutschland. Durch die vom Bayerischen Kulturminister geplante Vorgehensweise aber würde ein Feld-Wald-und-Wiesen-Heimatmuseum oder gar nichts entstehen.

Weiß das der Kulturminister? Weiß das die CSU? Weiß das Ministerpräsident Söder? Jedenfalls muss dieses Klein-Klein zugunsten des Großen verhindert werden. Notfalls müssen andere die besten Bayern sein und Bayern vor sich selbst schützen.

Alexander Estis

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