Architektur

Weißer Würfel statt Braunes Haus

In der Brienner Straße in München war 1828 von Jean Baptiste Métivier ein Biedermeierhaus errichtet worden, das 1930 zum Hauptsitz der Brandstifter wurde: Das »Braune Haus« wurde nach einem Entwurf von Adolf Hitler von dem Münchener Architekten Paul Ludwig Troost zum Hauptsitz der Reichsleitung der NSDAP umgebaut. 1945 wurde das Gebäude zerstört und die Ruine zwei Jahre später abgerissen. 2005 beschloss der Freistaat Bayern, auf dem Areal ein NS-Dokumentationszentrum zu errichten. Weitere sieben Jahre verstrichen bis zur Grundsteinlegung am 9. März dieses Jahres.

sichtbeton Der Entwurf für das neue Dokumentationszentrum stammt von dem Berliner Architektenbüro Georg-Scheel-Wetzel, das 2009 den Wettbewerb für den Neubau mit dem Vorschlag eines schlichten weißen Kubus gewonnen hatte. Der sechsstöckige Betonbau mit einer Kantenlänge von 22 Metern soll »selbstbewusst im Stadtraum eine unverwechselbare Identität schaffen«. Er stört bewusst die Sichtachse der Brienner Straße und damit ein klassizistisches Ensemble.

Die Architekten verstehen ihren Entwurf als »asymmetrischen Akzent in der axialen Platzkonfiguration«, um eine »distanzierte Betrachtung des belasteten Umfelds zu ermöglichen«. Die Fassaden werden durch große geschlossene Bereiche und zweigeschossige Lamellenfenster geprägt, die Ausblicke nach allen Seiten ermöglichen. An der Westseite liegt eine quadratische Terrasse, die den Eingang markiert. Unverkleideter Beton wird den Bau außen und innen prägen.

Der autonome Kubus wird frei in den Raum gesetzt. Die Elemente der historischen Villenbebauung werden nicht wieder belebt. Markierungen im Boden werden auf das »Braune Haus« der Nazis hinweisen, »wie bei einem archäologischen Grabungsfeld«, so die Architekten. Das Gebäude will ein neuer Ort sein, der die historischen Spuren zwar freilegt, aber in Struktur, Proportion und Lage neue Wege geht. Der weiße Beton und die vertikale Gliederung erinnern unwillkürlich an Peter Zumthors Entwurf für den Neubau des Besucherzentrums der Topographie des Terrors in Berlin, der leider nach langen Querelen ad acta gelegt wurde.

konzept Die Fertigstellung des rund 30 Millionen Euro teuren Projekts ist für das Frühjahr 2014 geplant. Als »Lern- und Erinnerungsort« soll das Zentrum dann Ursachen, Folgen und Auswirkungen des NS-Regimes in München thematisieren und 250.000 Besucher jährlich empfangen. Im Februar genehmigte der Stadtrat das Ausstellungskonzept, das anhand von 30 Themenstationen den Leitfragen »Warum München?« und »Was hat das heute mit mir zu tun?« nachgehen wird.

Im fünften Obergeschoss sind Räume für Gruppen und Empfänge. Die Ausstellungsräume liegen in den Geschossen darunter. Wie im Guggenheim-Museum in New York werden Besucher von der obersten Etage aus ihre »promenade architecturale« entlang von 1.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche beginnen, die sie zurück zum Ausgang führt. Veranstaltungsräume sowie eine Bibliothek befinden sich in den Untergeschossen, der Vortragsraum sogar klaustrophobisch im zweiten Untergeschoss.

www.ns-dokumentationszentrum-muenchen.de

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert