Leipziger Buchmesse

Was Steinmeier den israelfeindlichen Schreihälsen entgegnete

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Foto: picture alliance/dpa

Die Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist am Donnerstag in Leipzig mehrfach von israelfeindlichen Demonstranten unterbrochen worden.

Die sieben Aktivisten warfen Israel einen Genozid (Völkermord) vor. Zudem wurden deutsche Waffenlieferungen lautstark kritisiert. 

Steinmeier ging mehrfach auf die Unterbrechungen ein. »Sie haben Ihre Botschaft hinterlassen, wir sind nicht einer Meinung, aber wir haben Sie gehört«, sagte Steinmeier. Die sieben Aktivisten wurden von Sicherheitsleuten aus der Alten Börse geführt.

»Wir leben in einer Demokratie. Wir sind in der Lage, das auszuhalten«, sagte Steinmeier zu den Störungen. »Das ist ein ernstes Thema, über das wir in diesem Lande nicht nur während der Buchmesse diskutieren.« Es gebe unterschiedliche Sichtweisen, aber: »Es gibt keine einfachen Sichtweisen auf dieses Thema. Und es lässt sich auch nicht am Rande und mit Unterschriftenlisten erledigen.«

Er hoffe sehr, »dass die jetzt aktuell auf Hochtouren laufenden Gespräche um die Freilassung der Geiseln Erfolg haben« und zu einem Waffenstillstand führen, so Steinmeier.

Am Vortag war bereits die Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Eröffnung der Buchmesse mehrfach von Aktivisten unterbrochen worden. 

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In seiner anschließend ungestörten Rede rief Steinmeier die Menschen in Deutschland zu Gesprächsbereitschaft miteinander auf und warnte vor Abschottung und Verharren in den eigenen Positionen. In einer Gesellschaft, die so vielfältig wie die deutsche sei, werde es immer unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliche Resonanzräume geben, je nachdem, wo man lebe und aufgewachsen sei, sagte Steinmeier. »Nur eines darf nicht passieren: Dass diese unterschiedlichen Erfahrungswelten zu isolierten Rückzugsorten werden, um die herum Mauern hochgezogen werden.«

Unsere Gesellschaft brauche »Neugier statt Selbstbespiegelung, Offenheit statt Rückzug, Vertrauen statt Misstrauen, Vorschläge statt Vorwürfe«, sagte Steinmeier. »Denn politische Kraft haben wir nur als Gemeinschaft und nicht, wenn wir uns in erster Linie als Opfer von Unterschieden sehen.« Nötig seien Tatkraft für die bevorstehenden großen Herausforderungen, Vertrauen in uns selbst und eine gemeinsame Erzählung unserer Demokratie. »Wir sind ein starkes Land, das auch in der Vergangenheit Krisen gemeistert hat. Das wissen wir. Vertrauen wir in uns, dass uns das auch in Zukunft gelingt.«

Wenn die Deutschen in diesem Jahr auf 75 Jahre Grundgesetz und auf 35 Jahre Mauerfall zurückblickten, könnten sie auf vieles stolz sein. »Vieles in unserer Demokratie ist geglückt. Uns einfach gelassen zurücklehnen, das können wir trotzdem nicht in diesem doppelten Jubiläumsjahr«, betonte Steinmeier. Denn unsere Demokratie werde von außen und im Inneren stärker als früher bedroht. »Deshalb ist dieses doppelte Jubiläumsjahr ein Jahr der Freude und der Bewährung.«

Steinmeier sagte, er sehe etwas mit Sorge, dass gerade viele Ostdeutsche das Gefühl hätten, 75 Jahre Grundgesetz seien nicht ihr Jubiläum. Er wünsche sich, das doppelte Jubiläum von Grundgesetz und Mauerfall gemeinsam zu feiern. 

»Im klaren Bewusstsein, dass erst 1989 das Freiheitsversprechen des Grundgesetzes für alle Deutschen eingelöst worden ist. Und mit ebenso klarem Blick, dass wir zu jeder Zeit, gerade auch heute wieder, gefragt sind, die Versprechen des Grundgesetzes neu einzulösen.«

Der Bundespräsident würdigte die neue Generation von ostdeutschen Schriftstellerinnen und Autoren, die zur Zeit des Mauerfalls noch Kinder oder noch gar nicht geboren gewesen seien. Er nannte beispielhaft Anne Rabe, Manja Präkels, Lukas Rietzschel und Matthias Jügler. »Hier aus dem Osten unseres Landes erklingt eine deutlich vernehmbare Stimme. Eine Stimme, die vielfältig und in sich wiederum vielstimmig ist. Eine Stimme, die neu und anders erzählt«, sagte Steinmeier. »Und diese Stimme ist eine Bereicherung für uns alle.« 

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