Debatte

documenta: Vizepräsident des Zentralrats fordert personellen Neuanfang

Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: Thomas Lohnes/Zentralrat der Juden

Debatte

documenta: Vizepräsident des Zentralrats fordert personellen Neuanfang

Abraham Lehrer: »Keiner wollte so recht an die heilige Kuh documenta herangehen«

 20.09.2022 09:30 Uhr

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, hat einen personellen Neuanfang bei der documenta gefordert. Außerdem kritisierte er, dass der Bund angesichts der schon früh aufgekommenen Debatte über Antisemitismus nicht damit gedroht habe, Gelder für die internationale Kunstausstellung zu streichen, sagte Lehrer am Montagabend auf einer Veranstaltung in Köln.

Der Zentralrat der Juden habe immer wieder seine Stimme erhoben. »Aber keiner wollte so recht an die heilige Kuh documenta herangehen.«

Zugleich sagte Lehrer, dass die documenta in Kassel als Idee aus seiner Sicht nach wie vor ein »Erfolgsmodell« sei beziehungsweise wieder eines werden könne. Das werde zwar schwierig nach allem, was passiert sei, aber er sei nicht pessimistisch.

Der Leiter der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen (Rias NRW), Jörg Rensmann, sprach von einer »reinen antisemitischen Propagandaschau«. Daraus müssten politische Schlussfolgerungen gezogen werden.

Es sei ihm ein Rätsel, wie wenig in dem Skandal unternommen worden sei. Man habe eine »offene Glorifizierung des Terrors gegen Juden« gesehen. »Das ist absolut inakzeptabel in der Bundesrepublik Deutschland.« Es gebe »gewisse Grenzen« der Kunstfreiheit.

Die documenta steht seit Beginn wegen zahlreichen Antisemitismusvorfällen in der Kritik. Zuletzt hatten Experten eine Filmvorführung »Tokyo Reels Film Festival« des Künstlerkollektivs Subversive Film als antisemitisch eingestuft. Für einen Skandal hatte früh die Präsentation des Banners »People’s Justice« des indonesischen Künstlerkollektives Taring Padi mit antisemitischen Darstellungen gesorgt.

Danach wurden etliche als antisemitisch kritisierte Bilder gefunden; darunter judenfeindliche Stereotype in Zeichnungen der Broschüre »Presence des Femmes«. Die Ausstellung läuft noch bis Sonntag.

Die Podiumsveranstaltung in Köln trug den Titel »Die Grenzen des Sagbaren und der Antisemitismus der Mitte«. Sie wurde im Rahmen des Programms »Nie wieder!? Gemeinsam gegen Antisemitismus & für eine plurale Gesellschaft« des Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerks (ELES) veranstaltet.

Das Programm will nach eigenen Angaben den gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus und für eine offene und plurale Gesellschaft fördern. kna/ja

Lesen Sie mehr zu Thema in unserer nächsten Printausgabe.

Antisemitismus

Kanye Wests Hitler-Song »WW3« ist Hit auf Spotify

Der Text ist voller Hitler-Verehrung, gleichzeitig behauptet der Musiker, er könne kein Antisemit sein, weil er schwarz sei

 08.05.2025

Statistik

Dieser hebräische Jungenname bleibt der beliebteste in Deutschland

Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat sich für ihre Erhebung die Daten deutscher Standesämter angeschaut

 08.05.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  08.05.2025

Schweiz

Israel warnt vor Reisen zum ESC

Den Eurovision Song Contests in Basel als Jude oder Israeli zu besuchen, könnte gefährlich werden: Das befürchtet Israels Sicherheitsrat und empfiehlt Bürgern Zurückhaltung und Wachsamkeit

 08.05.2025

Geschichte

Kampf ums Überleben

Jochen Hellbeck analysiert in seinem neuen Buch den deutschen Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion und die Rolle ihrer jüdischen Bürger im Zweiten Weltkrieg

von Dmitirj Belkin  08.05.2025

Bergen-Belsen

»Der Holocaust wird als Kulisse benutzt, um Israel anzugreifen«

Menachem Rosensaft ist verstört über ein Theaterstück, in dem die Lage von jüdischen Schoa-Überlebenden in Displaced-Persons-Camps mit der von Palästinensern verglichen wird

von Michael Thaidigsmann  08.05.2025 Aktualisiert

Berlin

Weimer: Antisemitismus in der Kultur als erstes großes Thema

Der neue Staatsminister für Kultur und Medien will an seinem ersten Tag ein Zeichen setzen - und empfängt gleich einen besonderen Gast

 07.05.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  07.05.2025

Kulturstaatsministerium

Weimer sichert Zentralrat der Juden Solidarität zu

Neuer Minister nach Gespräch mit Josef Schuster: »Für mich ist es schmerzlich, ja unerträglich, zu sehen, wie der Antisemitismus in die Gesellschaft hineinkriecht«

 07.05.2025 Aktualisiert