Wuligers Woche

Verbotene Liebe

Wer Juden mag, macht sich verdächtig

von Michael Wuliger  23.04.2020 07:47 Uhr

Am Israel Chai! Foto: Marco Limberg

Wer Juden mag, macht sich verdächtig

von Michael Wuliger  23.04.2020 07:47 Uhr

»Warum eigentlich ist Philosemitismus negativ konnotiert?«, fragte mich dieser Tage ein nichtjüdischer Freund. Ja, warum eigentlich? Tatsache ist: Wer Juden mag, macht sich verdächtig. Unlautere, zumindest dubiose Motive werden vermutet – von spiegelverkehrtem Judenhass über neurotische Überkompensation historischer Schuld bis zu religiösem christlichen Fundamentalismus.

Dass es an Juden, am Staat Israel gar, etwas Liebens- oder Bewundernswertes geben könnte, scheint unvorstellbar.

Dass es an Juden, am Staat Israel gar, etwas Liebens- oder Bewundernswertes geben könnte, scheint unvorstellbar. Das Gegenteil – Antisemitismus und Antizionismus – gilt im Vergleich als weit verständlicher und nachvollziehbarer.

Ablehnung ist die Norm, Wohlwollen die Abweichung. Bestenfalls haben Juden Anspruch auf »kritische Solidarität« – mit besonderer Betonung der Kritik. Historisch hat das seine Logik: Philosemitismus war ursprünglich ein antisemitischer Kampfbegriff, der alle Nichtjuden bezeichnete, die keine Judenhasser waren.

MAROTTE Interessanterweise findet man diese Herabwürdigung von Sympathie auch nur, wenn es um Juden geht. Frankophile, die jedes Jahr in die Dordogne fahren, Georges Brassens hören und ausschließlich französischen Wein im Keller haben, werden vielleicht wegen ihrer Marotte belächelt.

Auf die Idee, sie ideologisch oder psychologisch zu hinterfragen, gar zu brandmarken, käme keiner. Ebenso wenig müssen sich die Italienliebhaber, die als Toskanafraktion sogar eine Weile lang deutsche Politik maßgeblich prägten, Unterstellungen über die Motive ihrer Zuneigung gefallen lassen. Selbst Russophilie ist gesellschaftlich akzeptabel, Stalin und Putin zum Trotz. Nur beim Philosemitismus hört das Verständnis auf.

VORZUGSBEHANDLUNG Auch bei manchen Juden übrigens. Vergangene Woche erschien in der linken israelischen Tageszeitung »Haaretz« eine kritische Bilanz des jüdischen Lebens in der Bundesrepublik. Dieses sei »ritualisiert und abnorm«, so der Autor David Ranan, ein in Berlin lebender israelischer Politologe.

Der Grund dafür liege im Philosemitismus deutscher Politiker, der diese nicht nur blind gegenüber israelischen Menschenrechtsverletzungen und anderen Ungerechtigkeiten mache, sondern auch die deutschen Juden »in ein gut gemeintes Ghetto einschließe«. Weil die Masse der Bevölkerung diese »reflexartige« und »zwanghafte« projüdische und proisraelische Einstellung der politischen Eliten nicht teile, würden Juden vielfach als »privilegierte Minderheit« angesehen.

»75 Jahre nach dem Holocaust brauchen deutsche Juden keine Vorzugsbehandlung mehr«, lautete die Überschrift des Artikels. Als ein Beispiel solcher »Vorzugsbehandlung« nannte Ranan die »besonderen Sicherheitsmaßnahmen für Synagogen«.

Halle Die Beter in Halle, die an Jom Kippur 2019 knapp einem Massaker entgingen, weil es für ihre Synagoge nicht nur keine besonderen, sondern überhaupt keine Sicherheitsmaßnahmen gab, werden es mit Interesse zur Kenntnis nehmen.

Vielleicht auch mit Humor und der alten Weisheit, dass, wenn ein Jude dumm ist, er sehr dumm ist. Wenn ich die Wahl zwischen David Ranan und einem Philosemiten habe, weiß ich jedenfalls, wer mir lieber ist.

Stuttgart

Anat Feinberg und Anton Maegerle erhalten Oppenheimer-Preis

Beide haben »unermüdlichen Einsatz für unsere Demokratie und die unantastbare Würde des Menschen« gezeigt

 22.09.2023

New York

US-Staatsanwaltschaft übergibt Nazi-Raubkunst an Erben

Es handelt sich um Gemälde des österreichischen Expressionisten Egon Schiele

 21.09.2023

Antisemitismus

Jenseits der Definitionen

Eine Zeitschrift für Psychoanalyse geht dem Problem auf den Grund

von Jakob Hayner  21.09.2023

Film

Der Superfleißige

Jerry Bruckheimer wird 80 – und dreht weiter

von Claudia Irle-Utsch  21.09.2023

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.09.2023

Biografie

»Das Schweigen war eingesenkt«

Martin Doerry über sein neues Buch und das (Über-)Leben seiner Mutter in und nach der Nazizeit

von Daniel Killy  21.09.2023

Verriss

Toxisch

Deborah Feldmans neues Buch »Judenfetisch« strotzt vor Israelhass – verwurzelt im Antizionismus der Satmarer Sekte, in der die Autorin aufwuchs

von Daniel Killy  20.09.2023

RTL-Sendung

Susan Sideropoulos: »Ich bin schwanger«

Die Schauspielerin überrascht in »Die Verräter – Vertraue Niemandem!« mit einem sehr persönlichem Bekenntnis

 19.09.2023

Aufgegabelt

Runde Challa mit Apfel

Rezepte und Leckeres

 15.09.2023