Wuligers Woche

Und nicht vergessen: die Solidarität

Volker Beck auf einer Gegendemonstration zur antisemitischen Al-Quds-Kundgebung (2018) Foto: imago

Ich habe dieser Tage etwas vermisst: einen lauten Aufschrei von jüdischer Seite. Nicht in eigener Sache. Aber für einen Freund von uns. Für Volker Beck.

Beck gehört zu den – leider wenigen – Politikern, auf die Juden in Deutschland sich immer verlassen können. Ob es um Rentengerechtigkeit für Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion geht oder um Erinnerungspolitik, gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit gleich von welcher Seite – stets stand und steht der langjährige Abgeordnete der Grünen an der Seite der jüdischen Gemeinschaft.

partei Das hat Beck des Öfteren Ärger eingebracht, auch in der eigenen Partei, die ihn nach 17 Jahren parlamentarischer Tätigkeit 2016 nicht mehr als Bundestagskandidaten aufstellte.

Jetzt ist Volker Beck selbst in die Schusslinie geraten. Der Vegan-Koch und Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann fordert im Netz seinen Tod. »Für Beck würde ich als zukünftiger Reichskanzler wieder die Todesstrafe durch Eier-Treten auf öffentlichem Platz einführen«, schrieb er auf seinem Telegram-Kanal, dem mehr als 60.000 Anhänger folgen.

Hetze, Hass und Drohungen von gewaltbereiten Extremisten gehören seit Jahren zum Alltag hierzulande. Die breite Öffentlichkeit nimmt es achselzuckend zur Kenntnis.

Die Drohung wiederholte er bei einer öffentlichen Kundgebung Mitte des Monats in Berlin unter zustimmendem Gejohle seiner Fans, ohne dass die anwesende Polizei einschritt.

kritik Nach öffentlicher Kritik an ihrer Tatenlosigkeit ermitteln die Strafverfolgungsbehörden inzwischen zwar gegen Attila Hildmann, was den allerdings nicht sonderlich zu beeindrucken scheint. Er macht munter weiter, zuletzt im »Spiegel«, der dem nach eigener Aussage »ultrarechten« Verschwörungstheoretiker diese Woche ein Forum bot, um sich und seine Gewaltfantasien zu präsentieren.

Es ist das alte deutsche Lied. Hetze, Hass und Drohungen von gewaltbereiten Extremisten gehören seit Jahren zum Alltag hierzulande. Die breite Öffentlichkeit nimmt es achselzuckend zur Kenntnis. Justiz und Politik reagieren häufig viel zu zögerlich, müssen bisweilen zum Jagen getragen werden.

Volker Beck hat uns stets seine Solidarität und Unterstützung erwiesen. Jetzt ist es Zeit, die Solidarität zurückzugeben.

Erst wenn aus Worten mörderische Taten werden, folgen – zu spät – Konsequenzen. Für die Hetzer muss das wie ein Freifahrtschein wirken. Und für die Opfer, die im Stich gelassen werden, wie Hohn.

prozess Wir Juden kennen das. Der Prozess gegen den Attentäter von Halle erinnert uns gerade wieder daran. Was uns hilft, standzuhalten, ist die Solidarität, die wir immer wieder von Nichtjuden erfahren. Zu wissen, dass man in schwierigen Lagen nicht alleingelassen wird, ist überlebensnotwendig.

»Besser sind zwei daran als einer. Denn wenn sie fallen, kann der eine dem anderen wieder aufhelfen. Doch weh dem, der fällt, und es ist kein Zweiter da, ihm aufzuhelfen«, heißt es im Tanach. Einer der viel zu wenigen, die der jüdischen Gemeinschaft unbeirrt stets Solidarität und Unterstützung erwiesen haben, ist zweifellos Volker Beck. Jetzt ist es Zeit, die Solidarität zurückzugeben.

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

 29.06.2025

Glastonbury

Polizei prüft Videos der Festival-Auftritte auf strafrechtliche Relevanz

Festival-Organisatoren: Parolen von Bob Vylan hätten eine Grenze überschritten

 29.06.2025

Literatur

Österreicherin Natascha Gangl gewinnt Bachmann-Preis 2025

Ihr poetischer Text »DA STA« begibt sich auf die Suche nach den versteckten Spuren eines NS-Verbrechens

 29.06.2025