Fernsehen

Unbeugsames Genie: Arte-Doku über Schachlegende Kasparow

Garry Kasparov Foto: IMAGO/Scanpix

Brutal, schlagkräftig, animalisch, einschüchternd. Mit diesen Worten beschreibt die Fachwelt seit den 1980er Jahren nicht etwa den Stil eines Kampfsportlers, sondern die Spielweise einer der größten und bedeutendsten Schachspieler aller Zeiten: Garri Kasparow.

Mit nur 22 Jahren wird Garri Kasparow im Jahr 1985 zum jüngsten Schachweltmeister der Geschichte - und trägt diesen Titel bis heute. Seine Schlagkraft ist aber nicht nur auf den Schachsport beschränkt. Kasparow steht für die Widerstandsfähigkeit einer jungen Nachkriegsgeneration gegen die Repressionen in der Sowjetunion. Die Doku »Garri Kasparow - Rebell und König des Schachspiels«, die am Sonntag (18.8.) auf Arte um 22.05 Uhr ausgestrahlt wird, zeichnet das Leben des unbeugsamen Genies nach.

Rückschläge, Spitzel, Spionage 

Sein außergewöhnliches Talent war Kasparows Eltern zufolge - die beiden waren selbst leidenschaftliche Schachspieler - schon früh zu erkennen gewesen: Mit nur fünf Jahren erklärte er ihnen die Lösung eines Schachrätsels. Allem Talent zum Trotz war Kasparows Leben von Anfang an keineswegs unbeschwert und leicht. Im Alter von sieben Jahren verlor er seinen Vater, der an Lungenkrebs starb. 

»Was man als glückliche Kindheit bezeichnet, das hatte ich nicht«, sagte Kasparow später selbst. Schon in jungen Jahren grub sich der Einzelgänger tief in Schachtheorien ein, studierte Stellungen und Züge - zehn bis zwölf Stunden am Tag. 

Sein Trainer und seine Mutter befürchteten, dass trotz der harten Arbeit und dem einzigartigen Talent der Antisemitismus in der Sowjetunion einer großen Schachkarriere im Weg stehen könnte. Aus dem jüdischen Geburtsnamen Garik Weinstein machte seine Mutter daher Garri Kasparow. 

Staatlichen Repressionen und Nachstellungen

Überhaupt war das Leben des Schachgenies von staatlicher Repression und Nachstellungen geprägt, wie die mit Originalaufnahmen gespickte Doku zeigt. Mitten im Kalten Krieg gab es für Kasparow auch im Ausland kein Entkommen vor den Spionen des sowjetischen Geheimdienstes. Die sowjetische Funktionärselite sah in ihm einen Rebellen und bevorzugte daher den bisherigen Schachweltmeister Anatoli Karpow, der für Kasparow als Vorzeigesportler der Sowjetunion zum ewigen Rivalen wurde. Während Karpow angepasst und unauffällig war, hörte Kasparow Radiosender des »Klassenfeindes« und traute sich früh, politisch Stellung zu beziehen. Im Laufe seiner Karriere war das Schachtalent daher auf politische Fürsprecher angewiesen und vermutete zeitweilig einen Spitzel in seinem Team.

Auf dem Weg zum Weltmeister gestoppt 

Als Kasparow und Karpow sich im Finale um die Weltmeisterschaft 1984 einen nervenzerreißenden Schlagabtausch lieferten und für Herausforderer Kasparow eine Chance auf den Titel zum Greifen nahe wurde, schritt unerwartet der internationale Schachverband ein. Das Finale wurde abgebrochen, angeblich um die Gesundheit der Spieler zu schützen. »Die ganze Welt verstand sofort, wie lächerlich das war. Sie wollten, dass Karpow den Titel behielt«, sagte der Journalist Bruce Pandolfini. Kasparow wurde im darauffolgenden Jahr dennoch Weltmeister. 

Die kurzweilige Dokumentation von Kasparows bewegtem Leben handelt in gut 50 Minuten nicht einfach nur die Karriere des Weltmeisters ab. Sie zeichnet auch nach, wie eng sie mit den politischen Gegebenheiten verknüpft ist. dpa

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025