Wien

Ulf Poschardt: »Benjamin Netanjahu ist mir näher als Milo Rau«

Ulf Poschardt, hier beim 14. WELT-Wirtschaftsgipfel 2023 im Axel-Springer-Haus Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Ulf Poschardt, Herausgeber der »Welt«, hat auf den Wiener Festwochen ein flammendes Plädoyer für Israel, seine Armee und Regierung gehalten. Am Samstag war der Journalist und Autor einer der Teilnehmer des Diskussionsformats »Wiener Kongresse«. Ein Video seiner in diesem Rahmen gehaltenen Rede veröffentlichte Poschardt auf seinem »X«-Profil.

Zu Beginn seines Redebeitrags wich er vom vorbereiteten Manuskript ab – eigentlich war er gekommen, um die Thesen seines neuen Buches »Shitbürgertum« vorzutragen – und wendete sich an seinen Vorredner Milo Rau, Theatermacher und Intendant der Wiener Festwochen. Rau habe laut Poschardt Israel einseitig kritisiert: »Bei Taliban: Schweigen; bei Assad: Schweigen; sonst wo in der arabischen Welt: Schweigen. Nie irgendwas.« Aus diesem Grund, so Poschardt, wolle er »diese Rede der IDF widmen, der israelischen Defence Force«.

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An dieser Stelle gab es erste Buhrufe aus dem Publikum. Die Moderatorin der Veranstaltung ermahnte die Zuschauer wiederholt zur Ruhe. Poschardt fuhr fort: Die israelischen Soldatinnen und Soldaten seien diejenigen, »die den Antisemitismus mit Waffengewalt bekämpfen müssen, der auch im deutschen Kulturbetrieb sein Unwesen treibt«. An den Intendanten der Veranstaltung, der nach wie vor im Publikum saß, gewandt: »Benjamin Netanjahu ist mir näher als Milo Rau.« Gelächter und erneute Buhrufe kamen aus dem Publikum.

Jemand aus dem Publikum ruft: »Genozidales Schwein!«

Offenbar verließen erste Zuschauer zu diesem Zeitpunkt den Saal. Poschardt kommentierte: »Das ist das Beste an ›Cancel Culture‹, dass man nicht mehr in der Lage ist, so was auszuhalten.« Er richtete daraufhin eine Forderung ans Publikum: »Stellt euch einfach vor, hier kommt die Hamas rein und niemand von euch wird überleben und dann stellt euch die Frage, ob euer wohlfeiler Protest hier irgendjemanden interessieren würde, der in Israel lebt an der Grenze zum Gazastreifen.«

An dieser Stelle rief jemand aus dem Publikum: »Genozidales Schwein!« Die Moderatoren griff erneut ein: »Ich bitte Sie, keine Zwischenrufe!« Poschardt erwiderte auf die Beleidigung, er sei für absolute Redefreiheit, »auch die ganzen Hamas-Freunde hier« sollten sagen können, was sie denken. »Nur nicht mit Steuergeldern.«

Poschardts Rede wird mit »Pfui«-Rufen quittiert

Daraufhin wendete sich Poschardt für die verbliebenen etwa zehn Minuten dem eigentlichen Thema seines Vortrags zu: seiner Kritik am linksliberalen Milieu und der sogenannten Wokeness, die er in seinem Buch »Shitbürgertum« ausführlich dargelegt hat. Seine Rede wurde abschließend mit »Pfui«-Rufen quittiert, vereinzelt wurde aber auch applaudiert.

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