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Tod eines Wunderkindes

Aaron Swartz Foto: cc

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Tod eines Wunderkindes

Der Hacker Aaron Swartz hat sich das Leben genommen

von Elke Wittich  14.01.2013 19:08 Uhr

Warum sich der Internet-Aktivist Aaron Swartz am vergangenen Wochenende in seinem New Yorker Apartment erhängte, wird vielleicht nie 100-prozentig geklärt werden. Die Reaktionen auf den Tod des 26-Jährigen zeigen jedoch überdeutlich: Bei seinen juristischen Problemen hätte er auf die Unterstützung von Zehntausenden Menschen in aller Welt rechnen können.

Aaron Swartz galt schon früh als Wunderkind der Hackerszene. Mit 13 Jahren hatte der Sohn eines Informatikers den ArsDigita-Preis gewonnen, mit dem junge Menschen ausgezeichnet werden, die nicht-kommerzielle, erzieherisch wertvolle Webseiten schaffen. Freier Zugang zu Wissen sollte eines der Anliegen werden, die sein Leben prägten.

Menschen, die den Miterfinder von RSS, mit dessen Hilfe sich Internetnutzer über neue Artikel auf Blogs und Webseiten informieren können, kannten, zeigten sich in ihren Nachrufen beeindruckt von der Persönlichkeit Swartz’. Der Science-Fiction-Autor Cory Doctorow traf ihn, als er 15 Jahre alt war. Doctorow sprach jedoch auch von den vielen Enttäuschungen, die der Aktivist erlebte, weil seinen hohen Maßstäben niemand gerecht werden konnte. Dass seine oft ungerechtfertigten öffentlichen Anschuldigungen »immer verziehen wurden«, sei jedoch auch ein Beleg, wie angesehen er gewesen sei.

Filesharing Dass er jedoch wirklich aus Angst vor seinem Prozess Selbstmord begangen hat, bezweifelt Doctorow. Swartz war zuletzt auf Kaution frei, ihm wurde vorgeworfen, Millionen Artikel aus der Datenbank JSTOR gestohlen und verbreitet zu haben. JSTOR bietet kostenpflichtig ältere Artikel aus Fachzeitschriften an, die von der gemeinnützigen Organisation digitalisiert wurden.

Dieses Prinzip widersprach allerdings den Vorstellungen von Swartz – zumal viele der älteren Dokumente mittlerweile gemeinfrei sind, da das Copyright abgelaufen ist. Im September 2010 begann er, von JSTOR bereitgestellte Informationen zu sammeln, bis Januar 2011 hatte er vier Millionen Dokumente heruntergeladen und einen Großteil mittels Filesharing in Umlauf gebracht.

Fünf Monate später wurde er verhaftet. Die Staatsanwaltschaft warf ihm unter anderem vor, ins MIT eingebrochen zu sein, um sich Zugang zu JSTOR zu verschaffen, und durch seine Downloads einen Schaden in Millionenhöhe verursacht zu haben. Dass JSTOR, das im Übrigen Swartz nicht angezeigt hatte, vor Kurzem beschloss, mehr als 4,5 Millionen Artikel kostenfrei zur Verfügung zu stellen, änderte an den Ermittlungen gegen Swartz nichts. Die angedrohten 35 Jahre Haft plus eine Geldstrafe in Höhe von einer Million Dollar waren jedoch vermutlich nicht realistisch. Einer der Swartz-Anwälte erklärte kürzlich, dass ein Prozess hätte vermieden werden können, wenn sein Mandant sich schuldig bekannt hätte und sechs Monate ins Gefängnis gegangen wäre.

Depressionen Doctorow hält jedoch Depressionen für den eigentlichen Suizid-Grund. Swartz hatte seit Jahren darunter gelitten und dies auch öffentlich thematisiert. Gleichwohl sei die Anklage gegen ihn völlig überzogen und »bösartig« gewesen, weil sie in keinerlei Relation zu dem gestanden habe, was Swartz tatsächlich getan hatte.

Dies sehen auch viele Internetnutzer so: Auf Twitter waren die Reaktionen auf Swartz’ Selbstmord nicht Bestürzung, sondern auch Aktivismus: Unter dem Hashtag #PDFTribute stellen seither Akademiker Artikel und Forschungsergebnisse kostenlos zur Vefügung.

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