Modemesse

Taschen in Tempelhof

Die Straße des 17. Juni ist abgesperrt, in den U-Bahnen sitzen extravagant gekleidete Leute, vor den Showrooms stehen sich Menschen die Beine in den Bauch – es ist wieder Fashion Week in Berlin. Doch während die Modemesse erst am Mittwochabend am Brandenburger Tor eröffnet wird, lud ihre kleine Schwester, die Bread & Butter (BBB), schon am Dienstagabend in den Flughafen Tempelhof.

Mehr als 600 Labels präsentieren sich in diesem Jahr auf der Fachmesse, die zeigen will, dass die sogenannte Streetwear im Herbst-Winter 2012/13 der Haute Couture ein paar Schritte voraus ist. »Nicht mehr so abgerissen« soll die Mode von diesem Jahr an auf der BBB wirken, sagt Karl-Heinz Müller, Geschäftsführer der Modemesse, im Fernsehsender rbb. Einige Aussteller versuchen, diese Ankündigung wahrzumachen, darunter auch das Label MèDusa aus Tel Aviv.

Markt Verschiedenste Preise hat die Modemarke in den USA schon erhalten, nun will sie auch beim europäischen Publikum bekannt werden. Und es sieht so aus, als könnte es klappen. Denn die beiden Gründerinnen von MèDusa, Adi Singfer und Gili Rozin, schaffen es, ihr Versprechen einzulösen: »Wir wollen etwas Neues erschaffen, das sich vom üblichen Modemarkt unterscheidet«.

Das klingt nach einer alten Modeweisheit. Aber dank der Präzisionsliebe, Materialkenntnis und der ornamentalen Inspiration Tel Avivs scheint die Umsetzung auch zu gelingen. Denn modeschaffendes Talent offenbart sich schließlich darin, der Kleidung einen augenschmeichelnden Effekt des Ungewohnten abzutrotzen.

Rozin und Singfer produzieren reich, aber nicht aufdringlich verzierte Handtaschen und durchdacht reduzierte Accessoires, die klassischen wie modernen Outfits erst Leben einzuhauchen vermögen. Auf farbigem, modernem Leder formen sie als Relief exzellent geschwungene Muster, wie man sie aus der marokkanischen Architektur, von russischen Ikonen oder dem traditionellen italienischen Alltagsdesign der »Cucina povera« kennt.

Hip-Hop Den verrucht alteuropäischen Hauch von Spitze integriert man als Zitat auf Hals-Korsetts gleich der neckischen Farbigkeit aus dem New Yorker Hip-Hop im Schmuck. Verwirrende mediterrane Frühlingsgefühle verheißen die spannend konterkarierten Imaginationen genauso wie eine winterlich-kühle Klarheit, die sonst im Business-Kostüm zu finden ist.

Selten lohnt es sich, angesichts des zeitgenössischen Modemarkts einen Lobgesang anzustimmen, doch diese traditionsbewusste wie zeitgemäß Textilproduktion befriedigt schon durch ihren Anblick. Gleichwohl im Repertoire auch Herrentaschen zu finden sind, repräsentiert dieses Label stolz die aufgeschlossene Damenhaftigkeit.

Dass die Deutschen in Sachen Mode noch Einiges von der Welt lernen können, beweist die aktuelle Fashion Week aufs Neue: Nicht zufällig hat auch MèDusa ihre Produkte bisher nur in Ländern wie Spanien, Italien und England vertrieben.

www.breadandbutter.com

Sachbuch

Die Gruppe 47, Günter Grass und die ersten »Shitbürger«

»WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt rechnet in seinem neuen Bestseller »Shitbürgertum« auch mit der Kontinuität des deutschen Judenhasses ab. Ein exklusiver Auszug

von Ulf Poschardt  02.09.2025

Zahl der Woche

228 Kilogramm

Fun Facts und Wissenswertes

 02.09.2025

München

Bayerische Staatsgemäldesammlungen geben vier Gemälde zurück

Die »Süddeutsche Zeitung« hatte berichtet, dass Nachfahren von enteigneten jüdischen Kunstbesitzern nicht über NS-Raubkunst im Besitz der Staatsgemäldesammlungen informiert worden seien

 02.09.2025

Filmfestvial Venedig

Im Schatten der Kriege

Auf dem Lido konkurrieren Werke über Putin und Gaza um die Goldenen Löwen. »Propalästinensische« Aktivisten fordern den Boykott israelischer Schauspieler wie Gal Gadot

von Jens Balkenborg  02.09.2025

New York

Woody Allen lobt Donald Trump als Schauspieler

Der Regisseur und Darsteller sieht die Darbietung des heutigen Präsidenten in dem Film »Celebrity« von 1998 positiv – und fragt sich, warum sich der Golf- und Glamour-Fan freiwillig ins Elend der Politik stürzte

 02.09.2025

Kulturkolumne

Das Hessenlied

Wie aus einem Sowjetbürger ein Besser-Wessi wurde

von Eugen El  01.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  01.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  01.09.2025 Aktualisiert

Medizin

Revolutionäre Implantation

Ein israelisches Biotech-Unternehmen plant die weltweit erste Übertragung künstlichen Rückenmarks

von Sabine Brandes  31.08.2025