Glosse

Der Rest der Welt

Grumpy Cat Foto: picture alliance / Eventpress

Die ganze Welt ist verrückt nach »Cat Content«: Das Internet wimmelt nur so von lustigen Videos, Fotos und Memes, die Katzen zeigen. Katzen, die Klavier spielen, Katzen, die auf der Toilette sitzen, Katzen, die wirklich schlecht gelaunt aussehen, und Katzen, die Kippa und Tallit tragen. »Jewish Cat« ist tatsächlich eine eigene Kategorie im Gesamtkomplex der Catmania. Was nur wenige wissen, ist, dass Juden schon lange vor dem Internet eine ganz besondere Beziehung zu dem fellbesetzten kleinen Tier hatten.

So werden Katzen gleich mehrfach im Talmud erwähnt. Rabbiner Yohanan lobt den Stubentiger in höchsten Tönen: »Selbst wenn die Tora nicht gegeben worden wäre, hätten wir dennoch von der Katze Bescheidenheit gelernt«, schreibt er mit Blick auf ihre Eigenheit, ihr Geschäft immer diskret zu erledigen.

jäger Rabbiner Pappa rät gar davon ab, ein Haus zu betreten, in dem es keine Katze gibt. Na klar, was soll man auch an einem Ort ohne schnurrende Mieze? Etwas pragmatischer ist seine Begründung zugegebenermaßen dann doch: Ohne den kleinen Jäger bestehe die Gefahr, dass sich unbemerkt eine Schlange im Haus befindet.

Das Verhältnis der antiken Juden zur Katze war vor allem funktional. Man schätzte sie in erster Linie für ihre Fähigkeit, ungewollte Tiere fernzuhalten. Im modernen Israel ist das mittlerweile ganz anders: Mehr als zwei Millionen Katzen sollen im jüdischen Staat leben, und wer schon einmal da war, wird ganz sicher einigen Dutzend von ihnen begegnet sein.

Selbstverständlich hat sich auch schon die israelische Hightech-Szene dem beliebten Haustier zugewandt. 2015 wurde »PetPace« als vielversprechendstes Start-up Israels ausgezeichnet. Das Unternehmen stellt »kluge« Halsbänder her, die Puls, Atmung und Kalorienverbrauch der Katze messen können. Ein anderes Start-up, »CatGenie«, hat gar ein selbstreinigendes Katzenklo entwickelt.

spekulationen Über die tiefere Verbindung von Katzen und Judentum wird immer wieder spekuliert. Ein Autor in der »Times of Israel« beschäftigte sich etwa mit der »symbiotischen Beziehung zwischen Juden und Katzen«, und eine Kolumnistin des »Jewish Boston« lieferte gleich acht Gründe, »warum alle Katzen jüdisch sind«. Ihr Argument: Katzen und Juden teilen zahlreiche Eigenschaften – Anpassungsfähigkeit, Persistenz und die Liebe zu Ritualen –, und das mache sie wesensverwandt. Wirklich überzeugend ist das zwar nicht, der Versuch aber verständlich. Wer will nicht wie eine Katze sein?

Der Vollständigkeit halber muss zum Schluss noch etwas nachgereicht werden: Nicht immer wird die Katze im Talmud nur positiv gesehen. Begegnet einem das Tier im Traum, dann könne unter Umständen »eine böse Veränderung« bevorstehen. Hier erlaube ich mir, anderer Meinung zu sein: Eine Katze kann niemals ein böses Omen sein. Oder in Worten ausgedrückt, die oft Groucho Marx zugeschrieben werden: »Wenn eine schwarze Katze deinen Weg kreuzt, bedeutet das, dass das Tier irgendwohin will.«

Netflix-Serie

Balsam für Dating-Geplagte? Serienhit mit verliebtem Rabbiner

»Nobody Wants This« sorgt derzeit für besonderen Gesprächsstoff

von Gregor Tholl  23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Essay

Die gestohlene Zeit

Der Krieg zerstört nicht nur Leben, sondern auch die Möglichkeit, die Zukunft zu planen, schreibt der Autor Benjamin Balint aus Jerusalem anlässlich des Feiertags Simchat Tora

von Benjamin Balint  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Literatur

Leichtfüßiges von der Insel

Francesca Segals Tierärztin auf »Tuga«

von Frank Keil  21.10.2024

Berlin

Jüdisches Museum zeigt Oppenheimers »Weintraubs Syncopators«

Es ist ein Gemälde der Musiker der in der Weimarer Republik berühmten Jazzband gleichen Namens

 21.10.2024

Europa-Tournee

Lenny Kravitz gibt fünf Konzerte in Deutschland

Der Vorverkauf beginnt am Mittwoch, den 22. Oktober

 21.10.2024

Geistesgeschichte

Entwurzelte Denker

Steven Aschheim zeigt, wie jüdische Intellektuelle den Herausforderungen des 20. Jahrhunderts begegneten

von Jakob Hessing  21.10.2024

Heideroman

Wie ein Märchen von Wölfen, Hexe und Großmutter

Markus Thielemann erzählt von den Sorgen eines Schäfers

von Tobias Kühn  21.10.2024