Linguistik

Sprache der Entwertung

Erfuhr Empathielosigkeit: Inge Deutschkron Foto: dpa

Empathielosigkeit sei eines der hervorstechendsten Merkmale des Antisemitismus, sagt die Linguistin Monika Schwarz-Friesel bei der Vorstellung des Buches Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert, das sie gemeinsam mit dem Historiker Jehuda Reinharz verfasst hat, am vergangenen Mittwoch im Berliner Centrum Judaicum.

Das bestätigt die Schriftstellerin Inge Deutschkron mit ihren einführenden Worten, die sie an diesem Abend spricht. Die 90-Jährige berichtet, wie sie im Deutschland der Nachkriegszeit immer wieder zu hören bekam, man müsse die Verbrechen an den Juden vergessen, die Deutschen hätten schließlich auch gelitten.

Kriterien Diese Empathieverweigerung ist nur ein Merkmal des Antisemitismus. Schwarz-Friesel und Reinharz haben mehr als 10.000 Zuschriften an den Zentralrat der Juden und die israelische Botschaft in Berlin aus einem Zeitraum von sieben Jahren ausgewertet – zudem Kommentare in Online-Foren oder sozialen Netzwerken. Die Ausgangsfrage lautete: »Wann ist eine sprachliche Aussage antisemitisch?« Und anhand des Materials haben die Autoren präzise Kriterien dafür festgelegt.

»Verbalen Antisemitismus«, so Schwarz-Friesel, erkenne man unter anderem an NS-Vergleichen, kollektiven Schuldzuschreibungen an alle Israelis beziehungsweise Juden, Stereotype, die nicht mit der Realität abgeglichen werden, und eine durchgängige »semantische Entwertung von Juden«, die sich seit dem 16. Jahrhundert kaum verändert habe.

Das zeige sich in Topoi von Juden als Kindermörder, Verschwörer, als arrogant und rachsüchtig, als Störer des Friedens, die über die Jahrhunderte konstant geblieben sind. Bildung, dämpft Schwarz-Friesel eventuelle Hoffnungen, wirke solchen Klischees nur bedingt entgegen. Die meisten solcher Zuschriften an den Zentralrat stammen von Akademikern.

Monika Schwarz-Friesel, Jehuda Reinharz: »Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert«. De Gruyter, Berlin 2013, 444 S., 79,95 €

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  10.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Marbach am Neckar

Schillerrede: Soziologin Illouz vergleicht Trump mit »König Lear«

Statt Selbstbeweihräucherung empfiehlt die Soziologin Eva Illouz in der Schillerrede 2025 den Zweifel und das Zuhören - nur das helfe aus der eigenen Echokammer heraus

 10.11.2025

Gespräch

Warum Uschi Glas bei Antisemitismus nicht schweigen will

Uschi Glas spricht mit Charlotte Knobloch über Schweigen und Verantwortung in Zeiten eines wachsenden Antisemitismus. Und entdeckt ein unbekanntes Kapitel in ihrer Familiengeschichte

 10.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Friede, Freude, Eierkuchen oder Challot, koschere Croissants und Rugelach

von Margalit Edelstein  09.11.2025

Geschichte

Seismograf jüdischer Lebenswelten

Das Simon-Dubnow-Institut in Leipzig feiert den 30. Jahrestag seiner Gründung

von Ralf Balke  09.11.2025

Erinnerung

Den alten und den neuen Nazis ein Schnippchen schlagen: Virtuelle Rundgänge durch Synagogen

Von den Nazis zerstörte Synagogen virtuell zum Leben erwecken, das ist ein Ziel von Marc Grellert. Eine Internetseite zeigt zum 9. November mehr als 40 zerstörte jüdische Gotteshäuser in alter Schönheit

von Christoph Arens  09.11.2025

Theater

Metaebene in Feldafing

Ein Stück von Lena Gorelik eröffnet das Programm »Wohin jetzt? – Jüdisches (Über)leben nach 1945« in den Münchner Kammerspielen

von Katrin Diehl  09.11.2025

Aufgegabelt

Mhalabi-Schnitzel

Rezepte und Leckeres

 09.11.2025