Hochschulpolitik

Schüler-Springorum soll Berliner Institut leiten

Stefanie Schüler-Springorum Foto: Gesche M. Cordes

Der Ruf ist raus. Die Hamburger Historikerin Stefanie Schüler-Springorum soll als Nachfolgerin von Wolfgang Benz das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin (ZfA) leiten. Schüler-Springorum bestätigte im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen, dass sie den Ruf erhalten habe. Öffentlich äußern will sie sich aber erst, wenn alles unter Dach und Fach ist. Derzeit wird über die Ausstattung der renommierten Stelle verhandelt. Noch führt die 47-Jährige das Hamburger Institut für die Geschichte der deutschen Juden.

Aus Institutskreisen verlautet, man rechne damit, dass Frau Schüler-Springorum die Stelle zum Sommersemester 2011 antreten könne. Zwar seien die Verhandlungen nicht mit einer terminlichen Frist versehen, aber der nächste April sei ein realistisches Datum. Bis dahin wird Wolfgang Benz das angesehene Zentrum weiter kommissarisch leiten. Seit 1990 steht der Historiker dem Institut vor, das 1982 gegründet wurde.

Semester Zwar wird der 69-Jährige am 21. Oktober offiziell von der TU Berlin in den Ruhestand verabschiedet. Aber da sich die Regelung seiner Nachfolge hingezogen hat, »wird sich Benz noch ein Semester selbst vertreten«, wie es Werner Bergmann ausdrückt. Bergmann, wie Benz Professor am ZfA, war Leiter der Berufungskommission, die sich jetzt auf Stefanie Schüler-Springorum geeinigt hat.

Die 1962 geborene Historikerin hat schon oft zu Themen des Judentums und des Antisemitismus gearbetet, zwei Jahre lang war sie auch wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung »Topographie des Terrors« in Berlin. Seit neun Jahren leitet Schüler-Springorum das Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg. Zudem ist sie Vorsitzende der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Leo-Baeck-Instituts in Deutschland.

Zuletzt hat sie auch zur Geschichte des Geschlechterverhältnisses und zu Fragen der Gewalt geforscht. Ihr jüngstes Buch Krieg und Fliegen beschäftigt sich mit der deutschen Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg. Ihr Institut für die Geschichte der deutschen Juden war bei seiner Gründung 1966 die erste Forschungseinrichtung dieser Art in Deutschland.

Öffentlichkeit Dass Schüler-Springorum den Ruf an das ZfA annimmt, gilt als sehr wahrscheinlich. Damit wäre auch ein seit Jahren andauernder Streit um die Nachfolge von Wolfgang Benz beendet. Immer wieder waren Namen potenzieller neuer Institutsleiter in der Öffentlichkeit genannt worden, wo diese dann massiv kritisiert wurden. Zuletzt war Klaus Holz in den Fokus der Öffentlichkeit geraten.

Dem habilitierten Historiker, derzeit Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland, wurde vorgeworfen, sich in früheren Jahren zu kritisch gegenüber der israelischen Politik geäußert zu haben. Auch Wolfgang Benz war Angriffen ausgesetzt, als sich das ZfA vor zwei Jahren dem Vergleich von Islamophobie und Antisemitismus widmete. Kritik wurde wieder laut, als sich Benz jüngst zu den Sarrazin-Thesen oder zum Schweizer Minarett-Streit äußerte.

Dass die überwiegend in der Bloggerszene vorgetragenen Anwürfe die Diskussion um die neue Leitung beeinflusst hätten, glaubt man beim ZfA nicht. »In der Fachwissenschaft ist das Zentrum ja überhaupt nicht umstritten«, weist Werner Bergmann entsprechende Pressedarstellungen zurück. »Diese Kritik kam ja nur von einer Handvoll Leuten.«

Auch mit einer neuen Ausrichtung des ZfA unter Schüler-Springorum sei nicht zu rechnen. Wohl aber freue man sich auf neue Impulse.

Antisemitismus

Kanye Wests Hitler-Song »WW3« ist Hit auf Spotify

Der Text ist voller Hitler-Verehrung, gleichzeitig behauptet der Musiker, er könne kein Antisemit sein, weil er schwarz sei

 12.05.2025

Berlin

Ruth Ur wird neue Direktorin der Stiftung Exilmuseum in Berlin

In Berlin soll ein Museum über die Menschen entstehen, die vor den Nazis ins Exil flohen. Die Stiftung, die das Vorhaben vorantreibt, bekommt nun eine neue Direktorin

von Alexander Riedel  12.05.2025

Kulturpolitik

Kulturrat berät künftig zu Antisemitismus

Ziel sei es, Handlungssicherheit innerhalb des Kulturbereichs zu gewinnen

 12.05.2025

Tschechien

Holocaust-Museum in ehemaliger Schindler-Fabrik eröffnet

Der Unternehmer Oskar Schindler rettete viele Juden vor den Nazis. Seine Rüstungsfabrik verlegte er 1944 von Krakau nach Brnenec im heutigen Tschechien. Nun ist dort ein Museum eröffnet worden

 12.05.2025

Basel

Drohgebärde bei ESC-Eröffnung – Kan erstattet Anzeige

Der Sender Kan veröffentlichte ein Video, auf dem ein Mann mit palästinensischer Flagge zu sehen ist, der sich mit seiner Hand waagerecht über den Hals fährt

 11.05.2025

Berlin

»Es gibt Momente, die sind größer als der Preis«

Die Verleihung des Deutschen Filmpreises war geprägt von politischen Statements – und von der Nachricht vom Tod Margot Friedländers. Und ganz nebenbei war »September 5« der große Gewinner des Abends

von Sabrina Szameitat  11.05.2025

Ruth Achlama

»Alles ist schön und gut? Das wäre gelogen«

Die Übersetzerin über Beziehungsratschläge für Deutsche und Israelis, israelische Autoren auf dem deutschen Buchmarkt und Erzählungen von Chaim Nachman Bialik

von Ayala Goldmann  11.05.2025

Meinung

Codewort: Heuchelei

Nemo fordert den Ausschluss Israels beim ESC in Basel. Damit schadet der Sieger des vergangenen Jahres der Schweiz und der eigenen Community

von Nicole Dreyfus  11.05.2025

Reaktionen

»Ihr Vermächtnis ist Mahnung und Verpflichtung«

Der Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer ist in Politik und Gesellschaft mit großer Trauer aufgenommen worden

 11.05.2025